Hörfunk

 

Thema: Internetradio

 

These 1) Online Rundfunk stellt eine echte Chance für kleine und individuelle Gruppen dar, die Grenzen der Radio-Massenkommunikation zu umgehen und sich weltweit Gehör zu verschaffen.

 

These 2) Dabei entstehen neue Grenzen der Individualisierung.

 

Schon das herkömmliche Wellen-Radio hat sich nie an nationale Grenzen gehalten und in der Vergangenheit häufig eine Hilfe dargestellt, als Sprachrohr, Entwicklungshilfe, Konfliktmediator und im multikulturellen Austausch verschiedener Nationalitäten. Insofern kann Radio im Rahmen seiner technisch bedingten Reichweite für unterrepräsentierte Gruppen eine Chance zur Artikulation bieten. Es kann jedoch auch Informationen verschweigen und zu Propagandazwecken missbraucht werden.

Das Radio kann als Instrument politisch unterrepräsentierter Gruppen dienen:

Im Nationalsozialismus versprach der Ätherraum durch Emigranten wie Thomas Mann zum Ort der Auseinandersetzung zu werden. In der ehemaligen DDR kannte jeder die westlichen Sender, auch wenn keiner es zugeben mochte. Die deutsche Welle, der Auslandsfunk der BRD, wird in vielen Gebieten der Welt als Krisenradio rezipiert.

Das Radio kann auch als Entwicklungshilfe und Konfliktlöser eingesetzt werden:

Nur in drei von 55 afrikanischen Staaten kann man von wirklicher Pressefreiheit sprechen. Laut UNESCO unterstützt Radio die ländliche Entwicklung in Afrika und Indien. Nur So fordert der Journalist Charles Gnaléko, die Vergabe von Entwicklungshilfe fortan an das Recht auf freie Meinungsäusserung zu koppeln.

1998 gab es laut New Yorker „Center for War, Peace and the New Media“ über 150 Projekte, in denen Medien zur Bearbeitung von Konflikten eingesetzt wurden. So versucht die Schweizer „Fondation Hirondelle“, mit mehrsprachigen Radioprogrammen in Auseinandersetzungen einzugreifen. Diese „Medien-Blauhelme“ operieren in Liberia und Burundi. „Radio Euregio“, ein gemeinsames Regionalmagazin von WDR, NDR, Radio Oost im Deutsch-Niederländischen Grenzgebiet räumt mit Vorurteilen auf, ebenso wie das sorbische Programm im Dreiländereck zwischen Polen, Tschechien und Deutschland, das einem Privatsender mit einem gemeinsamen Journalistenworkshop und dem Medienlabor einer Fachhochschule kombiniert.

Multikulturelles Radio schafft Integration in Grossstädten

Seit 1994 versucht „SFB 4 Multikulti“ mit Mehrsprachigkeit und Weltmusik der ethischen Vielfalt Berlins gerecht zu werden. 1999 begann dann in Berlin „Metropol FM“ zu arbeiten, der erste rein türkischsprachige Sender Deutschlands. In Marseille sorgt Radio Gazetta für mehr Völker-Verständigung.

 

Das Traditionalle Radio weist folgende Merkmale auf:

Es ist rein auditiv und gilt als Nebenbeimedium. Es besitzt einen klar definierbaren zentralen Ort, von dem es aussendet. Es hat eine relativ klar umrissene technisch bedingte Reichweite. Und es steht einem unbegrenzten Personenkreis zur Verfügung, ist also ein Medium der Massenkommunikation. Es folgt einer eindeutigen Zeitschiene, einem linearen Programmschema. Sein Programm entsteht aufgrund bestimmter Auswahlkriterien entsprechend Wichtigkeit, Qualität und Sendefähigkeit. Und es gibt ein Verantwortungsprinzip, nach welchem Redakteurinnen und Redakteure entsprechend einer meist klaren Hierarchie für Auswahl und übergeordnete Programm-Kriterien verantwortlich sind.

 

Internetradio weist folgende Merkmale auf:

Das Internet gilt heute bereits als drittes elektronisches Massenmedium neben Radio und TV. Beim Internetradio haben wir es mit massenhafter Individualkommunikation zu tun. Es werden Daten bereitgestellt, die per Einloggen des Users in den Server abgefragt und heruntergeladen werden können. Der Audio-Datenstrom wird nicht mehr vom Sender sondern vom Rezipienten in Gang gesetzt - abrufen und prozessieren statt senden und empfangen. Nach Marshall Mc Luhan ist das Internet ein kühles Medium, das einen heissen Nutzer erfordert. Es lässt sich nicht zurückgelehnt rezipieren, wie das heisse Medium Fernsehen, sondern erfordert ein gewisses Set an interaktiven Handlungen durch den Rezipienten.

Darüber lässt sich das Prinzip „Sender-Empfänger“ ohne weiters umkehren. Jeder User kann nicht nur empfangen, sondern auch Daten auf der eigenen Homepage bereitstellen. Jeder kann sein eigenes Radio machen. Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der Radiosender in den nächsten Jahren verdoppeln, da neben nationale und regionale Sendern auch ethische Gruppen das Internet als auditiven Raum entdecken, im Jahre 2001 waren es weltweit 9000 und es gibt monatlich 100 neue. Daneben ist das Internetradio mulimedial und interaktiv. Daten stehen global zu Verfügung und sind jederzeit von jedem Ort der Welt abrufbar. Es gibt keinen klar definierter Ort mehr. Das Sendegebiet ist nicht mehr untrennbar verbunden mit einer Sendestation, Internetradio arbeitet dezentral und anti-monopolistisch. Es ist in seiner Programmstruktur verzweigt, horizontal sowie zeitsouverän anwendbar, also nicht mehr linear. Die akkustische Qualität ist häufig noch nicht befriedigend und noch in der Entwicklung begriffen. Die Nutzung ist durchmischt privat und geschäftlich; wird sicherlich bald noch sehr viel grössere und vor allem kommerzielere Dimensionen annehmen. Der Schall gibt dem zunächst zweidimensionalen Medium Internet laut Sabine Breitsameter eine dritte Dimension, durch den Schall kann es „real“ empfindbar werden.

„Radio auf Abruf“ geht nicht mehr in dem Begriff „Massenkommunikation“ auf. Es handelt sich um eine Mischform zwischen privater Telefonie und öffentlichem Radio, zwischen Individual- und Massenkommunikation, wobei auch auf Senderseite mehrere vernetzte Gruppen stehen können.

Die Struktur des Internet ist nahezu frei von Kontrolle, Verwaltung und Zugangsbeschränkung. Es bietet einen Freiraum für Ideen und Initiativen. Jeder kann sich selbst veröffentlichen. Wer im Internet senden möchte ist in vielen Staaten im wesentlichen frei von Rundfunkgesetzen, Zwängen, Hierarchien und Kontrollorganen, die beim herkömmlichen Radio herrschen.

Und Webcasting ist preiswert, weil es nicht so viel technischen Aufwand wie ein herkömmliches Sendestudio erfordert, Hardware, Audiosoftware und ein Encoder zur internetgerechten Aufbereitung der Daten genügen.

Durch die zahllosen Co-Existenzen im Internet spricht man nicht mehr von Öffentlichkeit, sondern von Communities - von Gesamtheiten Gleichgesinnter, die weltweit disparat existieren, ohne sich in der Realität kennen zu müssen. Diese bilden sich oft erst durch das Internet. Was regional vielleicht nur eine verschwindend geringe Öffentlichkeit findet, kann sich über das weltumspannende Netz der Netze zu einer beachtlichen Zahl von Interessenten aufaddieren. Vor allem im experimentellen Radiobereich wird diese Möglichkeit stark genutzt.

 

Man unterscheidet

n     Livestream, eine Methode, die dem üblichen Radiobegriff recht nahe kommt. Dabei wird ein Ereignis live via Internet übertragen, es gibt also eine Programm-Zeitschiene wie beim Radio. Jemand auf der Macherseite trägt die Verantwortung für die Inhalte. Das Internet kann als Weltempfänger dienen. Qualität ist nicht mehr an Entfernung gebunden. Seit 1995 ermöglicht die Technik des „Live-Streamings“, dass der Hörer bereits Klänge hören und abspielen kann, noch während die Audio-Daten aus dem Netz abgerufen und übertragen werden. Durch diese Technik entwickelte sich eine Audio-Szene im Internet.

n     Audio/Radio on Demand, das Internet dient als weltumspannender dezentraler Gedächtnisspeicher, als Schall-Archiv. Die Daten sind auf Tausenden von weltweit verteilten Rechnern gespeichert, zu denen potentiell jeder von überall her zeitversetzten Zugang hat. Man kann sein eigenes Programm gestalten ohne von Ort und Zeit abhängig zu sein. Es gibt keine Programzeitschiene mehr, kein lineares Programm, keine Hierarchisierung was Auswahl und Anordnung der Beiträge anbelangt. Der Hörer trägt die Verantwortung für die Auswahl und Abfolge gleichberechtigt nebeneinander angeordneter Programmelemente. Die Entwicklung des Internet Radios wird dahin gehen, dass viele Radiostationen gigantische Datenbanken sein werden, wie das RIS, auf das ich später noch eingehen werde.

 

Die Bedeutung des Internetradio in der Politik

Globalisierung durch Internetradio ändert für das Radio die Bedingungen. Die neuen Netzwerke bieten prinzipiell die einmalige Chance, ein lokales Programm weltweit bekannt zu machen Das hat den Vorteil, dass ein Informationsmonopol ausgeschlossen ist, was wiederum einige Nationen als Verletzung ihrer Souveränität bezeichnen. Das klassische Radio verlässt entgültig seine ursprünglichen Räume und Grenzen. Informationen sind somit nicht länger staatlich kontrollierbar.

Das Internet macht Fragen und Forderungen von tschetschenischen Rebellen, der legitimen Exilregierung Burmas, von Tibetern und Kurden, liberalen Iranern und Menschenrechtlern aus Afrika bekannt. Es ist nicht mehr so leicht, eine Opposition mundtot zu machen. Zensurversuchen im Netz folgten sehr schnell Umgehungs-Tricks. Unterdrückung und Verfolgung von Menschen in diktatorischen Regimen kann nicht länger geheim gehalten werden, sondern erregt weltweit öffentliches Interesse und Protest. Regionale Kriege gewinnen eine andere Dimension - oppositionelle Gruppierungen können konträr zu einer staatlich verordneten Informationspolitik Meinungen und Fakten via Internet verbreiten.

Für die Gesellschaft kann die neue Technik mehr Demokratie bedeuten. Nachdem Milosevic 1996 die Wahlen in Bosnien verloren hatte, gab es massive Proteste seitens der Bevölkerung, als er die Ergebnisse nicht akzeptieren wollte. Vor allem der unabhängige Radiosender B92 berichtete über diese Proteste, bis Milosivic beschloss, den Sender zu schliessen. Durch e-mails an westliche Journalistenkollegen und Techniker organisierte der Radiosender eine Internet-Übertragung, wobei die Firma RealNetworks einen Audioserver zur Verfügung stellte. 24 Stunden später war der Sender ohne Antenne online.

 

Internetradio in anderen Bereichen

Über die politische Seite hinaus stellt das Internet eine Menge akkustischer Angebote für Menschen mit speziellen Hobbies, Wissenschaftler, Künstler oder andere kleinere Gruppen.

RIS: Dabei ist besonders RIS hervorzuheben „Radio Internationale Stadt“. Bei RIS handet es sich um einen Server, der in Berlin steht und Künstlern und Kultur-Initiativen unentgeltlich Speicherplatz bietet. Hunderte von Dateien im Real-Audio-Format aus aller Welt lagern dort - Hörspiele, Performances, Kulturberichte, Pop-Musik, Politikreportagen und vieles mehr. Zu diesem Service hat prinzipiell jeder Zugang. RIS bietet also Künstlern die Möglichkeit, im Internet öffentlich rezipierbar zu sein, am kulturellen Diskurs teilnehmen zu können und wahrgenommen zu werden. Es steht für einen Typus von Kulturprojekten im Internet, der sich sehr selbstbewusst als Alternative zum etabierten Kulturbetrieb sieht. Reden längst verstorbener Politiker, Künstler, Wissenschaftler können auf gleiche Weise in diesem neuen elektroakkustischen Raum global zur Verfügung gestellt und jederzeit abgerufen werden. In diesem Sinne spricht Axel Schwanebeck auch hier von einem globalen Weltempfänger, da in aller Welt experimentelle Internet-Radios diesen Server nutzen.

Loop als Kunstform: Ein Sender schickt einen Livestream los, der nächste Sender fügt seine eigenen Klänge hinzu und sendet ihn weiter. Nach einer ganzen Reihe von Stationen kommt der Audio-Datenstrom wieder an die Ausgangsstation zurück und kann nochmals zirkulieren und mit Klängen angereichert werden. Solche Aktionen sollen das Prinzip Vernetzung in technischer, menschlicher und akustisch-künstlerischer Hinsicht dokumentieren. Ziel ist es, gemeinsam das unvorstellbar grosse Instrument Internet zum Klingen zu bringen. Die Unkontrollierbarkeit des Endergebnisses ist ausdrücklich erwünscht.

Horizontal Radio: Audio Projekt, das im Sommer 1995 insgesamt 24 Stunden lang vom ORF-Kunstradio praktiziert wurde. Es verband Internet-Radio mit konventionellem Radio und Telefon. Der Verbund dieser Medien steht sinnbildhaft für das Prinzip eines globalen und gleichberechtigten Netzes. HorizontalRadio verband 30 weltweit Radiosender, 8 Internet-Server, 24 Städte, über 200 Künstler in Hörfunkstudios und Ateliers und unzählige Besucher der einzelnen Darbietungen vor Ort. An all diesen Orten liefen zeitlich parallel akustische Ereignisse ab. Jedes Event konnte sich die Klänge einer anderen Station nach Belieben aneignen, mit den eigenen Produktionen verbinden und wieder hinaussenden. Die Teilnehmer waren also unmittelbar involviert in einem globalen Ereignis ohne Vorhersehbares Ergebnis. Der Kommunikationsprozess steht im Vordergrund solcher künstlerisch publizistischen Unternehmungen, nicht der vorab gestiftete Sinn. Kunst wird als kreative Aktivität, als Happening aufgefasst.

Der Werkcharakter von Kunst zerfliesst in ein vielgestaltiges Spiel mit Konstellationen und Kommunikation. So wird vorstelbar, auf welche Weise die digitale Vernetzung eine Reorganisation von Sinn und Sinnen einleiten kann und eine Neuorientierung des Wahrnehmens, Verstehens und Kommunizierens.

 

Grenzen

n     Die Meinungsfreiheit ist insbesondere dann gefährdet, wenn sie im Widerspruch zu Meinungspolitik von Regierungen steht. Auf den „Internationalen Afrikanischen Pressetagen“ 2002 in Hamburg wurde berichtet, dass man Journalisten verhaftete, weil sie angeblich ganze Länder durch ihre Interviews zu „destabilisieren“ drohten.

n     Auch wenn das Internet ein weltweites Netz ist, ist es in globalen Zusammenhängen noch weitgehend unterentwickelt, d.h. es können längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden und auch die sogenannte freie Netzstruktur passt sich bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen an. Selbst in Deutschland zeigen Freie Radios neue Spielarten der Nord-Süd-Berichterstattung. Politisch?

n     In Afrika gibt es so gut wie keine Server oder Provider. Deshalb sind wir noch weit von einer gleichberechtigten Teilnahme der Entwicklungsländer an der globalen Kommunikation entfernt. Selbst wenn die technischen Voraussetzungen da sind, fehlt es häufig an Bildungsarbeit, um den Menschen das Verständnis für die neuen Technologien zu vermitteln. Individualisierungsversuche werden global gesehen oft von bestehenden Märkten geschluckt, die im Zuge der Globalisierung auch den Druck auf regionale Identität und globale Autonomie verstärken.

n     Hard- und Software sind im Vergleich zu Radiosendern und -empfängern noch relativ teuer und für manche Gruppen oft nicht finanzierbar. Die Technik ist anfällig, erfordert Know-How und Energie.

n     Im Gegensatz zum traditionellen Radio, das theoretisch je nach Antenne eine unbegrenzte Zahl von Hörern in einem bestimmten Raum erreichen kann, kann kostenloses Radio/Audio im Internet nur einer bestimmten Anzahl von Usern je nach Server gleichzeitigen Zugriff bieten. Zugriffszahlen bis 10000 sind zwar möglich, aber mit Kosten verbunden.

n     Und letztlich sollte man nicht vergessen, dass der Individualisierung selbst zwar kaum Grenzen gesetzt sind, dass sich jedoch wiederum durch eine riesige Masse an individueller Information Grenzen ergeben, so dass Knuth Hickethier formuliert: „Der ursprüngliche Integrationsgedanke des Öffentlichkeits-Ideals hat sich verloren.“ Wo es früher wenige Öffentlichkeiten gab, gibt es heute viele individuelle Communities.

n     Diese Möglichkeit des „Community-Buildings“ ist leider auch dafür verantwortlich, dass beispielsweise Neo-Nazismus und Kinderpornografie sich zu weltweiten Zirkeln zusammenschweissen können.

Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung weiter verläuft. Das Internet ist ein instabiles Medium, dessen organisatorische Form, Finanzierung und Institutionalisierug mittelfristig ungeklärt ist. Ob die Radioszene im Internet so vielfältig und lebhaft bleibt, wie sich derzeit darstellt, wird weitgehend von seiner institutionalisierten Verfasstheit abhängen und nicht zuletzt von der Rolle der Medienindustrie.

 

 

 

 

Visuelle Medien, Film und Fernsehen

 

Thema: Dispositive des Sehens: Techniken des Betrachters

 

These 1) Das Dispositiv Fernsehen spiegelt politische, wirtschaftliche und sozio-kulturelle Strukturen wieder (Beispiel „Big Brother“).

These 2) Visuelle Medien sind Teil gesellschaftlicher Machtstrukturen, die dem Betrachter oft verborgen sind (Beispiel „Big Brother“).

 

Ich habe versucht, die Aspekte der sozialen Rahmung, die Kurt Hickethier in seinem Dispositivbegriff des Fernsehens beschreibt, auf die Reality-Doku-Soap „Big Brother“ zu beziehen und dabei einige Machtaspekte herauszustellen, die sich hinter dem Dispositiv Fersehen verbergen. Formate wie „Big Brother“ laufen auf privaten kommerziellen Sendern und haben den Begriff eines „Performativen Realitätsfernsehens“ geprägt.

 

Nach Hickethier gibt es im Dispositiv Fernsehen verschiedene ineinandergreifende Rahmungen, da gibt es

1) Die Bildbegrenzung des Apparates, die zugleich den inneren Zusammenhang des Gezeigten bestimmt und alles gezeigte nach Kompositionsregeln in Beziehung setzt.

=> Es ergibt sich die Assoziation eines Fensters zur Welt.
2) Die situative Einbindung des Rezipienten in sein individuelles häusliches Umfeld. Dieses ist eingebunden in einen gesellschaftlichen Rahmen. Die Fernsehkommunikation ist oft an Regeln, institutionelle Verfestigungen und materielle Vergegenständlichungen gebunden.

 

Durch diesen gösseren Rahmen, den der Zuschauer nicht bewusst erlebt und nur indirekt erfährt, sind Machtaspekte in die Fernsehkommunikation eingebunden. Der Mensch fühlt sich quasi unbeeinflussbar, obwohl er im Grunde weiss, dass er auf gesellschaftlicher Ebene nur einer von Millionen ist, die das gleiche Programm erleben. Hier lässt sich auf Foucault verweisen. Gregor Schwering greift bei seiner Big Brother Untersuchung auf Michel Foucaults Analyse des Panoptikums von Benthram zurück. Dem unsichtbaren Wächter entspricht das Publikum, das eine stete Spannung des Erblickt seins bei den Akteuren aufrecht erhält. Big Borther machte den Voyeurismus attraktiv und legitim.

 

Slavoj Zizek sagt, dass uns nicht die Szene als solche fasziniert, sondern die Tätigkeit, sie anonym zu betrachten. Wir sind „Objekte im Traum eines anderen“ und existieren erst durch seine Wahrnehmung, Dadurch kehrt sich das panoptische Modell um, denn wer nicht beobachtet wird, bekommt in der heutigen Gesellschaft fast schon Existenzängste. Heute hat jeder die Möglichkeit , sich in den Medien darzustellen.

 

Es gibt bei Hickethier drei Ebenen der materiellen Ausgestaltung:

-          abstrakte Bindungen wie Gesetzte und Konventionen

-          die ökonomischen Potentiale der Fernsehunternehmen und

-          konkrete Manifestationen der TV-Kommunikation durch den „medienindustriellen Komplex“

 

Also kann man hinter der apparativen Anordnung von Zuschauer und Gerät einen ganzen institutionellen Apparat ausmachen, der den Empfänger direkt mit dem Netz der medialen Institutionen verbindet.

 

So sprechen Gregor Schwering und URS Staheli von einer Hyperinszenierung der gegenwärtigen Möglichkeiten von Massen und Medien. Dabei geht das Geflecht zwischen TV-Sendung, Talkshow, Internet-Auftritt, Print-Beleit-Magazin und die engagierte Intervention in der Presse über ale bisher bekannten Formate des Realty-Fersehens hinaus. Nie zuvor wurde ein Medienprodukt derart eng verzahnt auf dem Markt platziert. In der zweiten Staffel übernahm die Jugendzeitschrift Bravo die alleinige Sponsorenschaft. Selbst Stefan Raab hat auf Pro 7 indirekt für die Sendung geworben, als er behauptete, einen Maulwurf in den Container eingeschleust zu haben.

 

In Hickethiers Dispositivbegriff gibt es für den Zuschauer sichtbare Aspekte wie Architektur, Studiosets, Logos und Präsentationsrituale, die wiedererkennbare Identitäten aufbauen und

unsichtbare Aspekte wie die Leute hinter den Kulissen, die restlichen Teile der Sendeinstitutionen und Zulieferunternehmen.

 

Die Produzentenauffassung, für die Zuschauer zu produzieren, lässt sich durch die geläufige Rezipientenmeinung wiederlegen, dass das Netz aus Programmwelten überindividuell und nicht hinterschaubar funktioniert.

 

Über diese Netz wirken auch andere Machtinstanzen auf die Fersehkommunikation ein wie die Landesmedienanstalten als gesellschaftliche Kontrollorgane auf juristischer, personalpolitischer und diskursiver Ebene, Produktionsfirmen oder der journalistische Apparat mit seinen Nachrichtenagenturen.

 

Die für den Sneder RTL II zuständige Landesmedienanstalt (LRP) sah sich bei Big Brother zunächst gezwungen, aktiv einzuschreiten, vermochte sich aber in der gemeinsamen Stelle Jugendschutz und Programm der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten mit ihrer Auffassung nicht durchzusetzen. So konnte Big Brother doch noch zum Quotenerfolg für RTL II werden.

 

Im September 2000 wurde „Big Brother“ in der Rubrik „Beste Unterhaltungssendung“ für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Zlatko schaffte es sogar bis zum deutschen „Grand Prix Vorentscheid“.

 

Durch die Kontrolle erfährt der Zuschauer eine Restriktion, die stärker ist, als beim Kino.

Der Staat und die gesellschaftlichen ;Machtinstitutionen sichern ich Ihre Macht durch die Beherrschung gesellschaftlicher Diskurse im Zeichen der „Kommunikationsgesellschaft“.

Da der Wert einer „unabhängigen Öffentlichkeit“ sehr hoch angesetzt ist, müssen diese Diskurse jedoch als argumentativ entfaltet erscheinen.

 

Die Akteure bei Big Brother spielen laut Zizek ihre Rollen im abgeschlossenen Raum, als ob sie wirklich wären, so dass die Einbildung buchstäblich nicht mehr von der Wirklichkeit zu unterscheiden ist. Der Ablauf der Dinge scheint sich natürlich zu entfalten, was ja eigentlich nicht so ist, da die Akteure Ihr Verhalten einerseits der Situation und andererseits auch den Erwartungen des Senders RTL II anpassen.

 

Das Fernsehen wird zum idealen Manipulationsinstrument, da es gleich mehrere Sinne anspricht du Privatheit mit Öffentlichkeit vermischt, wobei bei Big Brother die parallele Privatheit zur Privatheit des Zuschauers durch die ständige Beobachtung konstruiert ist.

Der Zuschauer will jedoch von Macht nichts wissen, seine Bedürfnisse befriedigen, also Information, Unterhaltung, emotionale und kognitive An- und Entspannung erhalten, und ungestört bleiben. Für Ihn erstellen unerkannte Einflussnahmen Gefährdungen dar, die er abwehren möchte.

 

Deshalb versuchen Machtinstitutionen in Staat, Werbung und Politik, Einverständnis und Versöhnung zu erreichen und die Legitimation des eigenen Tuns zu bewirken. In Staffel II besuchte der damalige FDP-Generalsekretär Westerwelle als erster Politiker den Container.

Welche Unternehmen verfolgen aber nun bei BB beispielsweise ökonomische Interessen? Da sind zum einen der Sender RTL II und die Produktinsfirma Endemol bzw. die Übernahmefirma Telefonica. Darüber hinaus werden Merchandising- und Fanartikel im Big Brother Haus präsentiert. Einzelne Akteure werden über Musikproduktionsfirmen vermarktet und man sollte nicht vergessen, die Inneneinrichtung des Containers kritisch unter die Lupe zu nehmen. Am 16. Mai 2000 ist beispielsweise mehrmals der Shriftzug einer Modelleisenbahn zu sehen gewesen und Sponsoring-Firmen wie Proctor and Gamble stellen den Hausbewohnern als „Product Placement“ kostenlose Kosmetikartikel zur Verfügung. Werbeträger sind die sympathischen und hochgepuschten Akteure in Big Brother Haus, die den Nerv des jungen Zielpublikums treffen.

 

Hickethier spricht von einem Umbau eines „Mediums mit Kulturauftrag“ zu einem „Medium nach Marktbedingungen“. In diesem Zusammenhang beschreibt er drei Modelle der Konstitutionellen Bestimmung des Fernsehens:

-          Einordnung in den staatlichen Machtapparat

-          Schaffung indirekt kontrollierter öffentlich rechtlicher Fernsehanstalten, die sowohl staatl. Kontrolle als auch kritischen Journalismus ermöglichen und somit auch die Resonanz der Bevölkerung auf staatl. Massnahmen testen.

-          Kommerzielle Sender, die staatliche Kontrolle und ökonimische Interessen verfolgen und deren Journalismus teilweise lobbyistisch sein kann.

 

Das Fernsehen als kulturelles Forum propagiert, legitimiert und diskutiert gesellschaftliche Modernisierungsprozess, indem es zusätzlich zur rationalen Argumentationsebene auch den Habitus der Zuschauer formt, woran wiederum auch die Machtinstanzen Interesse haben.

Die Kandidaten bei Big Brother sind gecastet und entsprechen so der Erwartung der Zuschauer, sie sind auf Ihre Normen zugeschnitten: Jung, sportlich, teamfähig und zielstrebig, was die Wettbewerbsspiele angeht.

 

Im März 2000 erreichte RTL II Zuschauermarktanteile von bis zu 16 Prozent bei den 14-17jährigen Zuschauern. Im Durchschnitt liegt der Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe bei sieben Prozent. Zlatkos Auszug brachte 26,2 Prozent, die Abschlussendung der ersten Staffel knapp 40 Prozent.

 

Der Begriff eines Kulturellen Forums, sagt Hickethier, wirke als Widerspruch zum Dispositivansatz. Doch das Subjekt ist nicht wirklich unabhängig, da es begrenzt ist durch kanalisierte Zugänge, Programmformate und sozial bzw. politisch wünschenswerte Verhaltensweisen. Dieses System der Zugangslenkung ist so verfeinert, das man es weder als Zensur auffassen, noch angreifen kann.

 

Fersehen als Forum zur Verhandlung gesellschaftlicher Probleme (Diskuscharakter) erscheint, im Gegensatz zur überwältigenden fiktionalen Wirklickeit des Spielfilms, als permanante parallele mediale Realität. Mit dem ständigen Informationsfluss gleicht der Zuschauer ein subjektives Informationsdefizit individuell aus. Verschiedenen Formate beleuchten verschiedenste gesellschaftliche Diskurse, dem Zuschauer wird suggeriert, das er etwas verpasse, wenn er nicht daran teilhabe.

 

Das wird bei Big Brother durch den öffentlichen Diskurs gestützt, durch die allgegenwärtige Merchandisingpräsenz des Formates bis hin zu privaten Gesprächen unter den Zuschauern am nächsten Tage. Das Format Big Brother repräsentiert die Vielfalt der Lebensformen und Lebensstile in der ausdifferenzierten pluralistischen Gesellschaft und durch die Aneignung der Diskurse könne die Machtinstanzen hinter dem Medium Fernsehen sich gesellschaftliche Kontrolle aneignen.

 

Abschliessend möchte ich noch sagen, dass das Format BigBrother so erfolgsversprechend ist, dass es immer wieder aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. Beispielsweise liess MTV die vor einigen Jahren abgesetzte Doku-SoapThe Real World“ als „Mutter aller Reality-Soaps“ in diesem Jahr erneut an den Start gehen.

Sat 1 startete das „Inselduell“, Pro Sieben zog mit „Der Maulwurf“ und „Fort Boyard“ gleich. Andere Sendungen wie „Expedition Robinson“ verlagerten das Format in den Abenteurbereich,, solche wie „Der Friseur“ gaben Einblicke in den berufichen Dienstleistungsalltag. Mit „Girls Camp“ und “House of Love” erhielt der Reality-Soap-Boom darüber hinaus eine erotische Komponente. Die Sendung „To Club“ war einer der Höhepunkte der „Ausschlachtung des Formatgedankens“, der die Idee im Party-Bereich ansiedelte.

Casting Shows entwickelten den BigBrother-Gedanken weiter und begleiteten Bands wie die „No Angels“ und „BroSis“ mit Kameras und dem ganzen Marketingagapparat bis an die Spitze der Charts. Einen erneuten Gipfel erreichte der Boom mit „Deutschland sucht den Superstar“, wo wiederum nach einem Ausscheideverfahren durch das Publikum ein Sieger ermittelt wurde.

 

Die Sendung „Big Brother“ provozierte und protestierte gegen den bestehenden Fernsehalltag, was die Jugendkulturen positiv bewerteten, da sich sich mit dem Format identifizieren konnten und es Ihrem Grundbedürfnis, sich von den Erwachsenen abzuheben, entgegenkam. Durch die immer wieder erfolgende Aufgreifung und Weiterentwicklung des Reality-Formates wird sich auch dieser Enthusiasmus abschwächen, weil der provokative Charakter verloren geht. Es wird zu einer Durchmischung mit weiteren neuen Ideen und bestehenden Formaten kommen, jedoch wird in unserer Generation keine neue Reality-Soap mehr vergleichbares exklusives Aufsehen erregen.

 

 

 

 

Print-Online-Medien

 

Thema: Webdesign und Webnavigation

 

These 1) Onlineangebote werden durch visuelle Metaphern zu gedachten sozialen Wirklichkeiten in den Köpfen der Menschen und damit praktisch erfahrbar

 

These 2) Die Wahl der falschen Metapher kann ein Projekt zum Scheitern bringen

 

Digitale Netzwerke werden in den Köpfen der Menschen zu einem praktisch erfahrbaren Teil unserer Kultur. Erzählpraktiken und -genres spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Begriffte „Cyberspace“, „surfen“ und „Daten-Highway“ zeigen, dass wir das, was wir im Internet als Raum empfinden, mit metaphorischen Ausdrücken der Bewegung in Luft und Wasser beschreiben. Die globale Überbrückung von Zeit und Raum im Rahmen einer effektiven Infrastruktur bezeichnen wir mit „virtueller Realität“, welche wir im „Netscape Navigator“ oder im „Internet Explorer“ entdecken oder erfahren.

1992 etablierte US-Vize-Präsidenten-Kandidat Al Gore den Term „Information Superhighway“. Der Ausdruck projezierte die vertraute und respektierte Metapher der physikalischen Highways-Infrastruktur auf das neue und weniger vertraute Konzept einer nationalen informationsbasierten Infrastruktur.

Es existiert ein symbolischer Medienbegriff, der eine Mensch-Maschine-Symbiose propagiert, in deren Verlauf ein eigenes Symbolsystem entsteht, dass vergleichbar mit unseren Symbolsystemen Sprache und Schrift ist und völlig neuen Codes folgt. Im World-Wide-Web haben sich schon viele allgemein verständliche Symbole für verschiedene Funktionalitäten gebildet, z. B. der Warenkorb zum Festmachen einer Kaufentscheidung. Die Verwandlung von Worten in Bilder trägt zur besseren Verständlichkeit bei.

Eine besonders gelungene Navigations-Lösung bilden Symbole, die auf den darunter verlinkten Inhalt hinweisen. Diese sollten notwendigerweise immer etwas beschreiben und einen Sinn aufweisen. Bei Symbolen, die das Gesamtkonzept Navigation mit einbeziehen, spricht man von Metaphern.

 

Der Begriff Metapher stammt ursprünglich aus der Sprachforschung. Hier versteht man unter Metaphern Bedeutungen, die über die enge wörtliche Bedeutung des Gesagten hinausgehen. Sie beruhen auf Analogien, oder - um es etwas altmodischer aber deutlicher zu sagen - auf Gleichnissen. Eine Metapher bedeutet also gewissermassen nicht sich selbst, sie lässt „etwas“ als stellvertretend für “etwas anderes“ stehen.

Beispiele sind der Ausdruck „...wie ein Elefant!“ für sehr gross oder „... wie eine Rakete“ für sehr schnell.

Derartige Konstruktionen durchziehen unsere Sprache mit einem dichten Netz von mehr oder weniger hintergründigen Beziehungen und Querverweisen. Das gemeinsame Moment (dies gilt im übrigen für alle Metaphern) ist eine Analogie: Dinge, welche die gleichen Reaktionen bei uns hervorrufen, können wir als identisch auffassen oder eines als Symbol für das andere stehen lassen.

Durch Metaphern gewinnt die Sprache an Ausdrucksmöglichkeiten, es kommen Bedeutungsnuancen hinzu, welche die Kommunikation lebendiger und oftmals auch prägnanter machen. Viele Metaphern sind so in unser Sprachrepertoire integriert, dass sie uns überhaupt nicht mehr als solche auffallen. Das „Herz“ des Salats ist kein Herz und die Regierung „saugt“ uns Steuerzahler aus, obwohl weit und breit kein hierfür geeigneter Saugrüssel zu sehen ist.

Die Eule als Symbol der Weisheit im westlichen Kulturkreis gilt in Südostasien als besonders dummes und böses Tier. Ein Sachverhalt, dessen Unkenntnis die UNO einmal viel Geld gekostet hat, da ein erbauliches Informationsfilmchen, das sich dieser Metapher bediente, für den asiatischen Raum komplett neu gedreht werden musste. Weisheit und Eulenhaftigkeit sind also nicht naturgesetzlich miteinander verknüpft und können damit auch nicht als exakte, objektive Bedeutungsrelationen definiert werden. Deshalb wird man metaphorische Eigenschaften auch in keinem wissenschaftlichen Lexikon finden, obwohl solche Konstruktionen einen grossen Teil unserer Sprache ausmachen.

 

Lernen findet häufig über Analogien statt, ein Sachverhalt, den man besonders deutlich bemerkt, wenn man jemandem etwas erklären soll, von de er oder die keinen blassen Schimmer hat. Ein Computerspezialist, der es gut mit Ihnen meint, wird das Fehlschlagen eines Systemstarts auf ihrem neu erworbenen Rechner vielleicht so erklären: „Jetzt schaut er nach, ob er den Treiber für das CD-ROM Laufwerk findet, und weil der im falschen Verzeichnis ist ...“ Der Computerspezialist macht sich Analogien zwischen Computern und Menschen (beide können Bedingungen prüfen und Arbeitsvorgänge unterbrechen) zunutze, um eine „Er“-Metapher zu konstruieren. Metaphern sind somit eine Denktechnik, mit ihrer Hilfe können Probleme gelöst, Neues gelernt und Zusammenhänge verstanden werden. Unser Denken über neue Probleme führt ja zunächst immer über schon vorhandenes Wissen, und die Gestaltung neuer Technologien geht immer von Vertrautem aus.

Mit dem Internet verhält es sich genauso. Auch hier haben wir eine völlig neue Technologie, die in der Gestaltung noch auf alte Ideen aufgesetzt ist. Viele typsche Internet-Begriffe oder -Slogans wie „Visitenkarte im Netz“, die „Online-Broschüre“, „Shops“, „Portal“ usw. beruhen auf Technologien und Ideen von Gestern.

 

Das Grundprinzip von Metaphern im Interface-Design ist das gleiche wie in der Sprache und im Denken. Es gibt eine wie auch immer geartete Ähnlichkeit zwischen einem „Ding“ X einerseits und einer Benutzeroberfläche oder auch einer einzelnen Interface-Funktion andererseits. Eine Lupe dient z. B. dazu, Dinge zu suchen, und deshalb ist eine Lupe als Icon für eine Suchroutine sinnvoll und verständlich. Ein Papierkorb nimmt verbrauchte oder weggeworfene Dinge auf, deshalb ist er auf dem Desktop als Icon einleuchtend. Idealerwese können Systemoperationen mit Piktogrammen in einen konsistenten und funktionalen Kontext gestellt werden. Wer das einmal verstanden hat, hat es für alle Zeiten verstanden, und wenn solche intuitiven Lernvorgänge stattfinden können, ist das benutzerfreundlich. Die Schreibtisch-Metapher mit ihre Dateien, Ordnern und dem Papierkorb ist wahrscheinlich das bekannteste Beispiel für den Gebrauch von Metaphern im Benutzeroberflächendesign. Benutzer kennen im Idealfall das in der Metapher Dargestellte aus der Realität und können dadurch Rückschlüsse auf den Gebrauch der Umgebung schliessen. Dies setzt voraus, dass die Metapher dem Benutzer bekannt ist.

Bilder als Mittel der Kommunikation müssen - im Vergleich zur Sprache, die uns quasi natürlich gegeben ist - nach Bedarf erst hergestellt werden. Das Verständnis von Bildern beruht auf Konventionen, die beim kommunikativen Handeln berücksichtigt werden müssen. Diese Konventionen sind intersubjektiv gültig. Ohne Konventionen kann das Verständnis eines Bildes nicht gesichert werden.

In einigen Fällen kann die Ähnlichkeit so weitreichend sein, dass eine 1:1 Übersetzung von Bedienungselementen und visuellem Design möglich wird, etwa bei Programmen zum Abspielen von Ton- und Videodateien. Hinter der Oberfläche ist „nur“ Software, mit der Funktionalität eines CD-Players. Die Analogie zum realen Gerät ist hier allerdings so eng, dass wahrscheinlich nur ein Techniker die Unterschiede hinter der Oberfläche erklären könnte.

An diesem Beispiel wird auch der Nutzen der Metapher anschaulich: Wenn ich einen CD-Player bedienen kann, kann ich dieses Wissen (Wissen über Geräte, die reale Dinge sind) anwenden, um die Software zu bedienen.

Diese Vorgehensweise ist ungemein effektiv, sie birgt aber auch Risiken, nämlich dann, wenn das neu zu verstehende oder zu gestaltende - nennen wir es den Zielbereich der Metapher, hier wäre das die CD-Software -sich vom Quellbereich (dem realen CD-Gerät) unterscheidet. Wenn eine Metapher zu wörtlich genommen wird, verdeckt sie die neuen Möglichkeiten, erschwert oder verhindert Lernen.

 

Für David Siegel ist die Metapher das grundlegende Designmerkmal. Websites werden durch Metaphern und andere visuelle Elemente zum kompletten Surf-Erlebnis, eine ganzheitliche Erfahrung, die sich an bekannten Modellen der Kommunkationspsychologie orientiert. Typografische und visuelle Layoutprinzipien werden zusammen mit kreativen Gestaltungslösungen verwendet. Die Site stellt einen virtuellen Raum einschliesslich Ein- und Ausgang dar, der sich durch sein „Look and Feel“ von anderen Sites abhebt.

Die Wahl der Metapher soll sich an der späteren Zielgruppe orientieren, welche sie deuten können muss und sich dadurch in einer vertrauten Umgebung wiederfindet. Durch die Verwendung starker intuitiver Symbolik wird Benutzerführung ermöglicht und die Site erhält eine wiedererkennbare Konsistenz. Beispiele für solche Metaphern können Fernsehkanäle sein, das Innenleben eines Organismus, Szenerien aus dem täglichen Leben, Comics u. a..

Dabei sollten Metaphern eine Art Erkundungsfahrzeug für den Surfer darstellen. Dennoch sollten sie nicht übertrieben dargestellt werden oder lange Ladezeiten beanspruchen. Auf keinen Fall sollte eine Metapher es erfordern, eine komplett neue Symbol-Sprache zu lernen.

Genausogut wie eine Metapher kann ein gleichbleibendes visuelles Thema eine potentielle Zielgruppe fesseln (bspw. malerisch, jugendlich, futuristisch, spacig). Themen sollen unverwechselbar und konsistent sein durch Eindeutigkeit der Farben, Grafiken und des Layouts, dadurch ergeben sich grafische Leitsysteme, die die Navigation unterstützen.

Auf diese Weise zu einer Benutzerschnittstelle hinzugefügt, können Metaphern Benutzern dabei helfen, Inhalt und Funktion intuitiv zu verstehen. Zusätzlich kann der Prozess der Entdeckung möglicher Metapher - geleiteter Organisationsschemata neue und aufregende Ideen über das Design, die Organisation und Funktion einer Website bringen.

An erster Stelle müssen Metaphern, wenn sie erfolgreich sein sollen, den Benutzern geläufig und vertraut sein. Die Website eines Computer-Hardware-Verkäufers in Anlehnung an die interne Architektur eines Computers zu organisieren, wird Benutzern, die das Layout eines Motherboards nicht verstehen, nicht weiterhelfen.

Zweitens können Metaphern ungewollte Effekte erzielen oder begrenzende Wirkung haben. Zum Beispiel könnten Benutzer in einer virtuellen Bibliothek einen Bibliothekar erwarten, der referentielle Fragen beantwortet. Die meisten virtuellen Bibliotheken stellen keinen solchen Service bereit. Auch könnte der umgekehrte Fall eintreten, dass man in der virtuellen Bibliothek Services integriert, die keine Entsprechung in der realen Welt haben, zum Beispiel die Schaffung einer eigenen benutzerdefinierten Version der Bibliothek. Hier müsste man mit der Metapher brechen und Inkonsistenz im Organisationsschema wäre die Folge.

 

Drei Typen der Metapher können im Web-Site-Design ausgemacht werden, organisationelle, funktionelle und visuelle Metaphern:

n     Organisationelle Metaphern bedienen sich Vertrautheit mit einer System-Organisation, um das schnelle Verstehen einer neuen System-Organisation zu gewährleisten. Eine Website könnte hier das Organigramm des Unternehmens widerspiegeln, basierend auf einer strukturellen Analogie.

n     Funktionelle Metaphern schaffen eine Verbindung zwischen den Aufgaben, die man in einem traditionellen Umfeld vollführen kann und denjenigen, die man in einer neuen Umgebung vollziehen kann. Die funktionelle Analogie beruht auf Ähnlichkeiten in der Aufgabe, die ein Interface löst, weshalb man zum Beispiel die Menusteuerung auf einer Website analog zu dem Interface einer Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation konstruieren kann.

n     Visuelle Metaphern benutzen vertraute grafische Elemente wie Bilder, Icons und Farben, um eine Verbindung zu etwas Neuem herzustellen. Zum Beispiel, kann ein Online-Verzeichnis über Telefonnummern eine Verbindung mit den vertrauteren Gelben Seiten herstellen. Die visuelle Analogie beruht auf ähnlichem Aussehen.

 

Wichtig ist das Prinzip des Vergleichens und Erkennens von Ähnlichkeiten. Die Metapher der virtuellen Community wurde in vielen Fällen zu weit ausgeführt. Einige dieser Online-Communities haben Postämter, Stadthallen, Geschäfte, Bibliotheken, Schulen und Polizeistationen. Herauszufinden, welche Aktivitäten in welchen Gebäuden stattfinden kann zur echten Herausforderung für den Benutzer werden. In solchen Fällen behindert die Metapher Usability und ist „überdehnt“. Nielsen faßt Nutzen und Benutzerfreundlichkeit unter de Begriff der Nützlichkeit zusammen.

 

Im Forum von KommDesign, der Website des Psychologen Thomas Wirth, wurde die Homepage der Dresdner Bank diskutiert. Eine aufwendig konstruierte Darstellung des Eingangsbereiches einer Bank bildet hier die Grundlage zur Navigation. Hier soll man auf die Schilder oder Leuchtreklamen klicken, um an einen damit assoziierten Ort zu gelangen. Nach Wirth entspricht das in einer realen Umgebung einem Faustschlag auf das Schild oder die Leuchtschrift. So betrachtet, wird die Metapher nicht zur Hilfe, sondern zu einem Hemmnis für die Navigation, weil man zu ihrer Ausführung geradezu bizarr merkwürdige Dinge tun muss.

Unstrittig ist dagegen die andere Begründung für die mangelhafte Qualität der Dresdner-Bank-Website: Die Metapher wurde nicht durchgehalten. Es gibt dort Seiten, denen jedes Attribut eines Gebäudes fehlt. Wenn sich eine Metapher nicht an jedem Ort einer Website einsetzen lässt, ist die Oberfläche der Site zwangsläufig nicht konsistent. Im günstigen Fall macht das nur einen fragwürdigen Eindruck. Im schlechtesten Fall hat der Besucher das Gefühl, die Website ungewollt verlassen zu haben.

Alles in allem ist der Gebrauch von Metaphern im Benutzeroberflächendesign ein mächtiges, aber sehr schwierig zu implementierendes Mittel.

 

Schon die Homepage einer Site kann dem Anwender eine attraktiven Einstieg bieten. Die Möglichkeiten des Mediums müssen ausgenutzt werden, um einerseits ein Markenimage zu transportieren, andererseits aber auch Innovationsfähigkeit unter Beweis stellen zu können. Bereits eine Einstiegssite kann eine Metapher etablieren.

Benutzerschnittstellen beschäftigen sich vor allem mit der Frage, wie die Interaktionsprozesse zwischen Mensch und Computer transparent und nachvollziehbar gemacht werden können. Lynch formuliert diesen Anspruch so: „Die Intention hinter grafischem Benutzerschnittstellen-Design ist es, Bildschirm-Displays zu entwerfen, die eine funktionierende Umgebung für den Benutzer schaffen, indem sie einen explizit visuellen und funktionalen Kontext für dessen Handlungen formen. Das grafische Interface leitet, dirigiert und fokussiert die Nutzererfahrung und macht die organisationelle Struktur des Computersystems oder Multimediadokuments sichtbar und zugriffsfähig für den Benutzer.“

Schnittstellenmetaphern beziehen sich oft auf vertraute Gegenstände oder Objekte, denen wir in unserem Alltag begegnen, z. B. Verkehrsschilder oder Bürogegenstände. Die grafische Repräsentation von Objekten kann aber auch missverständlich, irreführend oder falsch sein. Die Komplexität einiger Programme ist mittlerweile so umfassend, daß die meisten Systemoperationen eigentlich gar nicht mehr grafisch repräsentiert werden können. Oft müssen einzelne Piktogramme wie eine Sprache erlernt werden, weil diejenigen Piktogramme, die wir in unserem Alltag bereits erlernt haben, bei der Repräsentation komplizierter Funktionen nicht mehr weiterhelfen.

Gute Metaphern sollen daher einfach zu erlernen und einfach erinnerbar sein. Das setzt voraus, dass Darsteller und dargestellter Gegenstand oder Sachverhalt eine sichtbare Gemeinsamkeit besitzen - mindestens ein gemeinsames visuelles Merkmal.

Werden Systemoperationen unzureichend repräsentiert - sei es durch falsche Metaphern, sei es durch inkonsistente Darstellung der Bildschirmobjekte - dann führt dies unausweichlich zu Desorientierung und mangelnder Funktionalität. Das ist ein zentrales Problem bei hypertextorientierten Informationssystemen.