.:o:. Barki´s Corner .:o:.
Da unser Kult-Klampfen-Kolumnist Barki noch bis im März auf Bildungsurlaub ist, geben sich in den nächsten Ausgaben an dieser Stelle andere musikbegeisterte Leute die Feder in die Hand. Der Vierte in unserer Reihe ist Volker Cornet. Er ist Bassist und Sänger der Coverband "Sidewalk", stammt aus Andernach und ist 34 Jahre jung. Volker erzählt in "Barki´s Corner", was seine Band im vergangenen Jahr während eines Tages bei der TV Show "Top of the Pops" erlebt hat.
Februar: Talk about (Pop Pop Pop Music).

So kann´s gehen: Dienstag abends erreichte uns ein Anruf aus Köln, wir seien eingeladen, Donnerstags bei der Aufzeichnung der RTL-Show "Top of the Pops" aufzutreten. Nicht für´s Fernsehen, aber als Special Guest und um nebenbei ein paar Clips zu drehen. Na ja, wir hatten eigentlich Besseres vor, aber bei der Gage ... wenn´s denn unbedingt sein musste! Also flugs alle Bandkollegen kontaktiert, den Bus geladen und ab in die Traumfabrik. „Ihr erreicht das große blaue Tor und sagt: Guten Tag, wir sind Sidewalk und hätten gern fünf Grad kalten Champagner!“ endete die Wegbeschreibung. Nichts leichter als das. Pünktlich um 15 Uhr waren wir in Köln. Den Spruch mit dem Champus hab´ ich mir verkniffen. Hinein ging´s in die heiligen Hallen des MMC Produktionsgeländes, wo Oliver Geissen, RTL Samstagnacht, Big Brother und der ganze Kram produziert wird, den sich meine Kinder nie anschauen dürften.

"Wo geht´s denn hier zum Film?" - Kurze Einweisung zum Studio 18, durch ´zig Türen mit der Aufschrift: „Durchgang verboten!“, vorbei an den Securities und den wichtigen Headset-Trägern. Hier war´n wir wohl goldrichtig. „Hey, wer seid denn Ihr?“ erdreistete sich plötzlich jemand: „Sidewalk!“ „Oh, Entschuldigung. Herzlich Willkommen - hier drüben steht Kaffee für Euch!“ - So ist´s recht.

In der Halle erwartete uns schon Adrian, der Regieassistent, mitsamt unserem persönlichem Assistenten Michael, der uns ab sofort immer zur Seite stand und uns sagte, wann genau wir was zu tun hatten. „Ihr braucht Stagehands? Alles klar - kommen sofort!“ Mitten während der Aufzeichnung wurde unser Equipment zur Bühne 1 gebracht, eildiweil Ole Tillmann und Felix von Jascheroff schon mal die Anmoderationen aufzeichneten.

Auf Bühne 2 probte gerade „Vanessa S.“, später musste sich „Buddy“ mit seinen Tänzerinnen und unserem Playback, das versehentlich eingespielt wurde, herumschlagen. Bis dahin waren noch keine Zuschauer in der Halle, aber alles erschien uns sehr fein, sehr interessant und uuunglaublich aufreehgänd ...!

„Ihr seid ja Profis - ihr braucht keine Probe! Wir nehmen direkt auf.“ Wer wollte da widersprechen? Doch zuerst ging´s mal in die Maske. „Wie viele seid ihr?“ „Sechs!“ „Ah ja, eine Frau...“ Irgendwie zählten da nur die Mädels, die Jungs wurden so nebenbei „behandelt“. Jana ging also als erste zur Tucke nebenan, alle anderen wurden von zwei Damen gepudert. Als wir fertig waren, saß sie immer noch drin und war hellauf begeistert: „Tatti, dieses Zeugs ist der Wahnsinn! Schau Dir das mal an!“ Circa fünf Stunden später ging die Garderobentür auf und wir alle waren geblendet von Janas Anblick ...

„Wir zeichnen um 17.30 Uhr auf. Bitte bleibt bis dahin alle zusammen“, instruierte uns Assistent Michael mit gewichtiger Miene. Und tatsächlich konnte ich sehen, dass er klammheimlich die Band durchzählte, als wir auf die Bühne gerufen wurden. Möchte nicht wissen, was da in der Vergangenheit schon alles passiert ist: „Und hier kommen Bon Jovi!“ ... leider ohne John Bon Jovi, der is grad pinkeln oder so ...

Mittlerweile war die Zahnspangen-Fraktion eingetroffen und bereits gehörig malträtiert worden: Bei diesen Aufzeichnungen ist ja alles gefaked. Ein Spassvogel muss ständig animieren, „auf Drei Applaus“ - alles wird getrennt aufgenommen und dann zusammengeschnitten. Selbst der Schlussapplaus wird am Anfang aufgezeichnet, da die Kids dann noch Power haben.

Wir standen derweil hinter der Bühne, das Playback - eine Liveaufnahme von einem Gig in Müden (!) - war eingelegt und der Assistent mit dem Kopfhörer zählte uns runter: „Und hier sind: Sidewaaaalk!“ Eine Kreissäge macht angenehmere Geräusche gegen dieses Gekreische aus unzähligen Teenager-Kehlen. Erster Song: „Trouble“ von Pink. Gute Wahl - der Saal tobte.

Wir machten all das, was wir immer tun: Herumspringen, Kopfwackeln und so tun, als ob. Schliesslich sind wir seinerzeit als Playback-Band berühmt geworden. War überhaupt kein Problem. Der Sound war gut und da mein eigener Bass aus den Boxen kam, nicht mal ungewohnt. Übrigens: Die Mikros auf der Bühne waren an! Ganz leise hörte man sich über die Monitore, damit´s echt wirkte.

Also noch mal Gas geben - zweiter Refrain - Gitarrensolo, ab zur Mitte, dort Headbangen - gucken, was macht Josh? Steht auf meiner Seite. Checkt der, dass ich gleich an´s Mikro muss? Kurzer Blick - alles klar - Seitenwechsel, nächster Refrain. Achtung, auf die Haltungsnoten achten! So Outro, noch mal alles geben, springen, springen, springen ... Beweg dich Mann, das sind nur drei Minuten - gib alles! Aufpassen - Schluss - gut geklappt - war okay. „Danke, aber das müssen wir gleich nochmal machen!“ hörten wir die Stimme aus dem Off. Ich glaub´s nicht ...

„Kinder!“ ertönte die Stimme des Assistenten ans Publikum gerichtet, „Ihr müsst hüpfen! So ..." Er hüpfte auf der Stelle. Jetzt wo er´s sagte, fiel´s mir auch auf ... Also das Ganze wieder von vorne: Dreizwoeins ... „Einen riesengroßen Applaus für Sidewaaaaalk!“ Und los ging´s. Kamerafahrt vom Kran, Jana groß auf der Videoleinwand und ab die Post.

Ich fand mich beim ersten Mal besser, egal - vielleicht sollte´s ja zusammengeschnitten werden - wenn ich überhaupt zu sehen sein sollte. Trotzdem, gute Nummer. Dann war´s geschafft. „Vielen Dank und einen rieeesengroßen Applaus für ... Sidewaaaaalk!“ Sieben oder acht Minuten haben wir auf der Bühne gestanden und kamen mit staubtrockenen Kehlen wieder herunter.

Wie schön es ist, mit Profis zu arbeiten, merkten wir gleich, als jeder sofort einen Becher Wasser in die Hand bekam. Kurze Pause, zwischendurch die Einspielungen von Sheryl Crow, Simply Red und Outcast, dann der zweite Song: „Wonderwall“ von unserer Studio CD. Midtempo Nummer. Da konnte ich mal schauen, was Steff so trieb, hinter mir. Schien Spass zu haben, der alte Schwede. Achtung, das Ende nahte: Doppelrefrain und Abschlag auf vorgezogener Drei, Ton halten, bisschen stehen lassen und posen - fertig.

Das war´s. Bühne 4 frei für „Buddy“, damit der endlich „Ab auf die Piste“ konnte. „Könnt Ihr uns einen Gefallen tun? Ihr müsst unbedingt etwas von Linkin Park spielen, bitte!“ Wer da so nett fragte, waren nicht die Süssen aus dem Publikum, sondern der Chefregisseur persönlich: „Das ist nur als Gag für die Redaktion gedacht, weil denen Linkin Park zu teuer waren. Ihr würdet uns eine Freude damit machen. Just for fun!“

Gut, dafür waren wir schliesslich dort, damit es Fun machte, nur hatten wir keine brauchbare Aufnahme dabei. Also musste wieder Müden, live vor einem Monat, herhalten: Scooter und Nelly Furtado waren abgelaufen, Vanessa S. hatte ihren charmanten Song mit den ebensolchen Streicherinnen beendet - Dreizwoeins... „Und hier sind sie noch einmal: Sidewaaaalk!“ Müder Applaus, die Kids waren fix und alle. Die wurden zwei Stunden lang gestriezt, die konnten nicht mehr.

Trotzdem hatten wir uns schon unsere Fangemeinde „erspielt“, auch wenn manche wohl dachten: Was machen diese Typen bloß für einen Alarm hier?“ „Numb“ fing an und vom Band kam in voller Lautstärke: „Moselkääährn!“ Ein herrlicher Insider und niemand hat´s gerafft, weil Josh synchron dazu ins Mikro brüllte. Christoph haben wir eine Micky-Maus verpasst: Wenn schon Linkin Park, dann auch richtig und mit Kopfhörer. Sah geil aus! „Danke schön!“ klang das Playback aus den Boxen, doch Josh, den alten Profi, kann nix schocken.

Dann war´s geschafft, nach der Pflicht war also die Kür dran gewesen und beides hat extrem viel Spass gemacht. Um 19.30 Uhr war der ganze Spuk vorbei und es dauerte keine fünf Minuten und sechs Autogramme, bis die Halle leer war. Für die Crew fing die Arbeit jetzt erst richtig an, denn die mussten das komplette Studio abbauen. Wir konnten derweil zum Catering marschieren und den gemütlichen Teil des Abends beginnen lassen. Jede Menge CD´s wurden verteilt und selbst dort gab es Leute, die Sidewalk kannten und schon gesehen hatten.

Es ist nicht gelogen, wenn ich hier erzähle, dass später im VIP-Cafe die Mädels an der Scheibe kratzten, um Autogramme zu bekommen ... Bautz! Inmitten unserer Träume von Ruhm, Reichtum und Erfolg flog uns bei strömendem Regen der Scheibenwischer des Sprinters um die Ohren. Welcome back auf dem Boden der Tatsachen! Die A61 kann ja sooo gemütlich sein, vor allem bei Dunkelheit, Regen und um die null Grad. Also wieder alles beim Alten, niemand braucht sich Sorgen um uns zu machen. Wir seh´n uns ;-) ... Volker Cornet fürs Klangmagazin.
Artwork by www.red-sandy.de.

Infos zu "Sidewaaaalk" gibts unter www.sidewalk-live.de

Schon gelesen? Noch nicht? Dann wirds aber Zeit!!!