.:o:. Backstage .:o:.
Am zweiten August-Wochenende pilgerten bereits zum siebten Mal Musikfans aus der ganzen Region nach Salmrohr zum Gut Holz Festival. Unsere Klangmagazin Journalistin Sonja war dabei, als Zinoba, Skaos, Elke, Arrested 711, die Cardboard Robots, Yvonne Lamberty, Spy Kowlik und Cuba Comet Imperial gleich neben der A1 Ausfahrt Salmtal für Zelter und Festivalbesucher die Saiten tanzen ließen.
"Wo dr Holzmichl lebt."

Diesmal wurde ein Novum auf dem idyllischen Party-Platz an der Salm eingeführt, das eintägige Gut Holz - Open Air hat sich in ein zweitägiges Festival verwandelt. Und die Premiere ist mehr als gelungen, obwohl es zuerst im wahren Sinne des Wortes düster aussah ...

Den ganzen Tag verhängen dicke Wolken den Himmel. Trotzdem stehen schon einige dutzend Zelte. Wer genau hinsieht, erkennt mitten in der Wiese auch eine Wohnzimmercouch, samt darunter montierter Rollenkonstruktion. Damit habe man sich auf den Weg gemacht, sogar an das Nummernschild wurde gedacht, da soll noch einer sagen, die Jugend von heute sei unkreativ!

Am späten Nachmittag beginnen die „Cardboard Robots“ aus Trier. Noch hält sich der Besucherzuspruch in Grenzen, doch der Platz vor der Bühne füllt sich schlagartig. Aktuell haben sie das Album „El Cortito“ in Produktion. Es wird im Herbst/Winter erscheinen. Seit Anfang 2002 gibt es die „Cardboard Robots“, ihre Stilrichtung ist grob gesagt Rock und bei ihnen steht ganz klar die Musik im Vordergrund, nicht die Gesichter. Beim ersten Gig trugen die Robots gar Pappkartons über ihren Köpfen, was erklärt, wieso sich eine junge, talentierte Band als „Pappkarton-Roboter“ abstempelt. Als Opener hat man es naturgemäß nicht leicht, doch sowohl Publikum als auch Band sind begeistert. „Die Leute sind gut mitgegangen“.

Mittlerweile fallen ein paar Tropfen, trotzdem füllt sich der Platz merklich. „Arrested 711“ sind die nächsten. Ihre Songs streifen verschiedene Stilrichtungen, von Emo bis NuMetal über Punk. Die Jungs um Frontmann Sascha Kön zeigen sich in bester Laune und auch das Publikum kommt in Bewegung.

El*Ke aus Berlin machen weiter und sind die heimlichen „Gewinner des Abends“. Temporeicher Deutschrock mit punkiger Attitüde und so sympathisch, ob auf oder hinter der Bühne, dass man sie glatt für die Jungs von nebenan halten könnte. Dabei haben die drei schon vor den Ärzten, den Sportfreunden Stiller oder Mia gespielt. Kaum zu glauben, aber eine CD ist noch nicht erhältlich, nach Gut Holz steht erst der Studiotermin im prall gefüllten Kalender. Auch privat sind Peter Bolmer, Martin Krüssel und Hubert Deters (Verzeihung, aber die konservativen Namen passen nun wirklich nicht zum extravertierten, coolen Styling J) ein eingespieltes Team. In Berlin teilen sie sich eine WG. Schon vor den Berliner Zeiten kannte man sich, EL*KE kommen ursprünglich aus dem Emsland. Daher auch der für eine rein männliche Band ungewöhnliche Name, EL stand für das Emsland und KE waren die weiteren Buchstaben auf dem Bandauto. Gut Holz finden sie „total lustig, es erinnert uns hier ein bisschen an Meppen, wo wir herkommen, da gab´s auch immer ein Festival, bei dem wir selber mitgeholfen haben, es ist echt schön hier.“ Und plötzlich zieht auch der Regen weiter. Während in den umliegenden Dörfern sintflutartige Regenfälle niederprasseln und Sturmböen ganze Gartenpavillions wegblasen, strömen in Salmrohr die Besucher auf den Platz. Weiter geht es mit Zinoba, mittlerweile ist es tiefe Nacht und die Stimmung auf dem Festplatz ist ausgezeichnet. Wie in jedem Jahr herrscht besonders am Tequilastand reges Treiben. Zinobas Frontmann dürfte den meisten ab dem „Mitzwanziger-Alter“ noch von den legendären „Selig“- Zeiten ein Begriff sein. Und seit „damals“ hat er an Ausstrahlung und Bühnenpräsenz nichts eingebüßt. Zinoba auf der Bühne, die drei Musiker wirken natürlich, kaum von der Bühne herunter ist davon nichts mehr zu spüren. Bassist Marco verweist mich höflich für ein Kurzinterview an Schlagzeuger „Stoppel Eggert“, der für die Presse zuständig sei. Was ich dann erlebe ist für mich eine große persönliche Enttäuschung, an die ich wohl noch lange zurückdenken werde. Herr Eggert hält mich, ob wegen meines Alters oder aus einer Laune heraus, nicht für fähig, mich mit ihm zu unterhalten. Für einen kurzen Moment sehne ich mich nach so netten Interviewpartnern wie „Slut“ oder „Readymade“ im letzten Jahr zurück.

„Skaos“ bilden den Abschluss des Abends, einer der besten internationalen Ska-Acts. Seit 25 Jahren (!) besteht Skaos nun schon. Ihre Bläser haben einen durchdringenden, vollen Klang, auch Reggae- und Rock´n´Roll Elemente lassen die sieben Schwaben miteinfließen. Ihr Statement zu Salmrohr: „Das ist kein kleines Fest mehr, hier ist alles sehr professionell, gefällt uns sehr gut.“

Irgendwann in der Nacht zieht es dann viele in ihre Zelte, jeder der nach Hause gefahren ist und nicht am frühen Sonntagvormittag noch mal an die Salm gefunden hat, hat aber definitiv etwas verpasst: Schon gegen zehn brennt die Sonne gnadenlos vom Himmel und ein Überraschungsgast macht sich bereit. Yvonne Lamberty aus Salmrohr stand bereits als Jugendliche auf vielen Bühnen der Region und sorgte mit ihrer brillanten Stimme für Aufsehen. Momentan lebt sie in Hamburg und arbeitet dort an ihrer Karriere, schreibt auch eigene Songs. Noch bevor Yvonne beginnt, hat es die ersten wieder vor die Bühne gezogen, Decken werden ausgebreitet, es sich gemütlich gemacht. Der Kurzauftritt von Iyvonne, begleitet von Sven Gätjens an der Gitarre, weckt die letzten Dösenden und verbreitet gute Laune. „Easy“ von „Faith no more“, „Bring me to life“ von Evanescene, “Always take the weather with you” von Crowded House oder die Eigenkomposition “Raub mir meine Liebe aus” zeigen, wie ausdrucksstark und wandlungsfähig Iyvonnes Stimme ist. Auch die Ausstrahlung und Optik sind stimmig.

Gegen elf dann werden die Decken wieder eingepackt, Spy Kowlik macht sich bereit. Die Ska-Band ist in Salmrohr zur Größe geworden, hat hier einen Fanstamm. Und der gibt trotz sommerlicher Hitze alles, Hosenbeine umgekrempelt und in Bikinitops gekleidet. Dauert nicht lange, bis die ersten sich Flaschen und Eimer schnappen, um eine Wasserschlacht zu starten. Bei der Zugabe kippen Spy Kowlik ebenfalls eimerweise kühles Nass über die Köpfe.

Die Letzten des Tages sind „Cuba Comet Imperial“, eine sehr gewöhnungsbedürftige Formation, die vor allem auf den Spaßfaktor setzt. Mehr lässt sich nicht sagen, entweder man mag sie oder man ist froh, wenn der letzte Ton verklungen ist, so lassen auch die Gesichter der Zuhörer unterschiedliche Meinungen erkennen. Mittlerweile ist es Nachmittag, leicht gerötete Schultern und Gesichter enttarnen gnadenlos, wer im Eifer des Gefechtes nicht an die Sonnenlotion gedacht hat und langsam aber sicher geht Gut Holz 2004 dem Ende zu, einige verweilen noch ein wenig auf einem schattigen Platz an der Theke.

Den tiefsten Schlaf hatte übrigens zweifellos ein junger Mann aus Mayen, der, während Iyvonne sang, mit Kopf und Oberkörper unter der Bühne lag und lediglich seine in einen Schlafsack gewickelten Beine unter der Bühne herausstreckte. Selbst Spy Kowlik´s lautstarke Rhythmen konnten ihn anfangs nicht wecken. Ein Jahr kann verdammt lang erscheinen und so wird „Frühlingsholz“ im April 2005, die kleine Schwesterparty von „Gut Holz“, die Zeit etwas verkürzen.

Text und Photos: Sonja Broy für´s Klangmagazin. Artwork by Sandy.

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