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Stephan Lorse hat fürs Klangmagazin in die neue Frameshift Scheibe "Unweaving the Rainbow" reingehört. Stephan lebt in Trier, mag Skifahren, Musik hören, Trompete und Klarinette spielen, lesen, Sport und Konzerte. Sein Lieblingsbuch ist Norbert Bolz "Am Ende der Gutenberg-Galaxis". Er spielt in der Brass Band St. Anna Gerolstein. Am liebsten hört er G.F. Händel, Dream Theater, Queen, The Who, Iron Maiden, David Bowie, Led Zeppelin, Spock's Beard, Black Sabbath, ...

CD - Review

Frameshift - Unweaving the Rainbow

"Frameshift - Unweaving the Rainbow" ist ein einzigartiges Progressive Rock Album, dass Henning Pauly (Chain) exklusiv für "Mr. Dream Theater" James LaBrie komponiert hat. Alle 15 Songs beschäftigen sich mit verschiedenen Evolutionskonzepten von Professor Richard Dawkins, einem der führenden neodarwinistischen Autoren unserer Zeit. Im Booklet der CD wird zwar eine kurze Einführung in Dawkins Konzepte und Vorstellungen gegeben, dennoch sind die Songs zunächst inhaltlich recht verwirrend.

Musikalisch orientiert sich das Album häufig an Spock's Beard und Queen - und weniger an Dream Theater. Auf Shredding, trashige Double Base Passagen und endloses Gefrickel wird weitgehend verzichtet, im Vordergrund steht James Labrie, dessen Performance im Vergleich zu "Train of Thought" oder anderen Alben von Dream Theater deutlich facettenreicher ist. Progfans, die seine beiden "Mullmuzzler"-Soloalben noch nicht kennen, werden überrascht sein, wie innovativ LaBrie den Songs seinen ganz besonderen Anstrich gibt. Wie schon auf "Train Of Thougt" verzichtet er darauf, in die höchsten Bereiche seiner Stimme vorzustoßen. Stattdessen präsentiert er sich durch den Einsatz von A Capella- und mehrstimmigen Chorpassagen sehr experimentierfreudig. An diesen Stellen zeigt sich LaBries Begeisterung für Queen und Freddie Mercury. Mit ein wenig Phantasie fühlt man sich beispielsweise in der Mitte von "Spiders", dem dritten Track der CD, an den Opernteil von "Bohemian Rhapsody" erinnert. Die Arrangements von Henning Pauly wirken durch den gelegentlichen Einsatz elektronischer Effekte und Keyboardspielereien erstaunlich modern und ergänzen LaBries Gesang dennoch oder vielleicht gerade deswegen außerordentlich gut. Auch die Gitarrenparts sind auf "Unweaving the Rainbow" sehr gut gelungen, da sie ihre kompositorischen Funktionen in den Songs hervorragend erfüllen und eben nicht zum Selbstzweck verkommen. Die Gitarrensoli und einige mehrstimmige Harmonien erinnern - um erneut eine Referenz zu Queen herzustellen - in einigen Songs etwas an Brian May. Trotz einiger bombastischer Passagen wie in "Above the Grass (Part 2)", dem letzten Track des Albums, wird die Instrumentierung meist moderat gehalten.

"Unweaving the Rainbow" beginnt mit dem kurzen Akustikintro "Above the Grass", dessen Thema im gleichnamigen Finale erneut aufgegriffen wird. "The Gene Machine" überrascht zunächst durch einige Drum-Loops und relativ aggressive Gesangslinien von LaBrie. "Spiders" klingt ebenfalls ziemlich modern und zackig. Labrie überzeugt in diesem Song wie oben beschrieben mit einem mehrstimmigen A Capella Part, auf den ein geniales Gitarrensolo à la Brian May folgt. "River out of Eden" ist ein ruhiges Stück, das von LaBries Stimme dominiert wird. Einige romantische Pianoläufe und ein erneutes Gitarrensolo runden diesen Song wunderbar ab. "Message from the Mountain" ist der längste Song des Albums und zugleich der komplexeste. Nach einem verhältnismäßig langen Instrumentalintro, das von Pianomelodien und orchestralen Klängen dominiert wird, steigert sich der Song im weiteren Verlauf zu einer abwechslungsreichen Bombast-Hymne, in der einige moderate Soli natürlich nicht fehlen dürfen. Der sich anschließende Akustiksong "Your Eyes" dient zur Beruhigung der progressiven Vielfalt - und erneut steht bei geringer Instrumentierung LaBries Gesang im Vodergrund. "La Mer" ist eine wunderschöne Ballade im Stil von Dream Theaters "Anna Lee", die unter Fans zwiespältige Reaktionen hervorrufen könnte, da sie nur haarscharf an pompösem Kitsch vorbeischrammt. "Nice Guys Finish First", ebenfalls ein sehr abwechslungsreicher Song, erinnert durch den treibenden Rythmus und die auffälligen Keyboardmelodien stark an den "Gute Laune Prog" von Spock's Beard. "Arms Races" klingt durch Voiceeffekte einerseits recht wütend, andererseits sorgen der orchestrale Refrain und der bombastische Schlussteil für eine gehörige Portion Pathos. In "Origins and Miracles" laden LaBrie & Co. den Hörer mit sanften Klängen zum Träumen ein. "Off the Ground" stellt durch ein erheblich gesteigertes Tempo, einige progressive Orgel- und Gitarrenmelodien und nicht zuletzt auch durch vergleichsweise hohe Gesangslinien erneut einen starken Kontrast zum vorangegangenen Song dar. In dem sich anschließenden "Walking Through Genetic Space" wird das Tempo merklich reduziert und wiederum überzeugt LaBrie in einigen A Capella Passagen. Bevor LaBrie und Pauly im Finale "Above the Grass (Part 2)" das Thema des Openers in einer überzeugenden Bombastvariante fortführen, werden sie in "Cultural Genetics" und "Bats" durch treibende Beats und einige Elektroklänge noch einmal recht wütend.

"Unweaving the Rainbow" ist abwechslungsreich und enthält keinen einzigen Ausfall. Weil das Album sehr vielseitig ist, lässt sich ein eindeutiges Highlight nur sehr schwer ausmachen. Mit den erstklassigen Balladen "La Mer" und "Origins and Miracles", dem bombastischen "Above the Grass", dem akustischen "Your Eyes" und rockigen Songs wie "Spiders" oder "River out of Eden" werden viele verschiedene Geschmäcker bedient. Mit ihrem Debüt haben LaBrie und Pauly den progressiven Rock zwar nicht neu erfunden, dennoch werden auf dem Album viele erfrischende Akzente gesetzt, die Proginsider begeistern, aber auch Fans von Queen, U2, Radiohead, R.E.M. und anderen kommerziellen Bands ansprechen können.

1. Above The Grass (Part 1)
2. The Gene Machine
3. Spiders
4. River Out Of Eden
5. Message From A Mountain
6. Your Eyes
7. La Mer
8. Nice Guys Finish First
9. Arms Races
10. Origins And Miracles
11. Off The Ground
12. Walking Through Genetic Space
13. Cultural Genetics
14. Bats
15. Above The Grass (Part 2)

79:30 Minuten Gesamtspielzeit, exklusiver Vertrieb in Deutschland von Just For Kicks Music http://www.justforkicks.de
Informationen zu Frameshift und Erläuterungen zum inhaltlichen Konzept des Albums auf http://frameshift.progrockrecords.com

Stephan Lorse für www.klangmagazin.de

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