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Stephan Lorse hat fürs Klangmagazin die neue Radiohead CD "Dream of Thought" gecheckt. Stephan lebt in Trier, mag Skifahren, Musik hören, Trompete und Klarinette spielen, lesen, Sport und Konzerte. Sein Lieblingsbuch ist Norbert Bolz "Am Ende der Gutenberg-Galaxis". Er spielt in der Brass Band St. Anna Gerolstein. Am liebsten hört er G.F. Händel, Dream Theater, Queen, The Who, Iron Maiden, David Bowie, Led Zeppelin, Spock's Beard, Black Sabbath, ...

CD - Review

Dream Theater - Train Of Thought

Bereits zu Beginn der Schaffensphase von "Train Of Thought" verkündete Mike Portnoy, Schlagzeuger und kreativer Kopf von Dream Theater, ein von den Metal-Klassikern "Master Of Puppets" und "The Number Of The Beast" inspiriertes Album aufnehmen zu wollen. Da Dream Theater Metallica und Iron Maiden auf der erfolgreichen World Tourbulence Tour 2002 regelmäßig gecovert hatten, verbreitete sich diese Information in der Prog-Metalszenze wie ein Lauffeuer. Im Sommer 2003 wurde die stilistische Ausrichtung von "Train Of Thought" deshalb in Fanclubs und Internetforen häufig zum Gegenstand heftiger Diskussionen.

Am 10. November 2003 war es dann so weit: eines der bestgehüteten Geheimnisse der Plattenfirma Elektra wurde gelüftet. Ob sich das Warten letztlich gelohnt hat, wird in Fan-Kreisen inzwischen ebenso kontrovers diskutiert wie Mike Portnoys Ankündigung einige Monate zuvor. Dream Theater präsentieren sich auf "Train Of Thought" in der Tat deutlich düsterer und härter als auf ihren vorherigen Alben.

Auffällig ist vor allem, dass die Songs mit Ausnahme des Instrumentals "Stream Of Consciousness" und des kurzen Intermezzos "Vacant" im Vergleich zu "Six Degrees Of Inner Turbulence" gitarrenbetonter und rifflastiger sind. Dennoch bleibt John Petrucci und Jordan Rudess genug Spielraum für virtuose Instrumentalpassagen, in denen sie wieder einmal präsentieren, wie schnell man Gitarre bzw. Keyboard auf hohem technischem Niveau spielen kann. John Myung, der auf "Train Of Thought" intensiver zu hören ist als auf den meisten anderen Veröffentlichungen der Band, und Mike Portnoy liefern wie gewohnt eine glänzende Rhytmusarbeit ab.

James Labrie singt sehr songdienlich, da er sich meist in mittleren Lagen bewegt und auf den Gebrauch der höchsten Bereiche seiner Kopfstimme verzichtet. Das Zusammenspiel der Musiker wirkt auf "Train Of Thought" deshalb kompakter und wird weniger von individuellen Interessen und technischen Angebereien geleitet.

Einigen Fans, die besonders die progressiv verspielte und jazzige Seite des Traumtheaters schätzen, scheint die Entwicklung hin zur härteren Gangart allerdings etwas zu weit zu reichen. Andere zeigen sich nach ersten Eindrücken begeistert, da sie in "Train Of Thought" zunehmend die Klänge entdecken, die sie jüngst in Metallicas "St. Anger" oder Iron Maidens "Dance Of Death" vermisst haben.

Der flotte Opener "As I Am" groovt nach einem bombastischen Beginn recht ordentlich, erinnert phasenweise an Metallicas "Enter Sandman" oder "Seek And Destroy" und hat das Potential, ähnlich wie "Pull Me Under" zu einem beliebten Live-Anheizer zu werden. In "This Dying Soul", einer ziemlich heftigen inhaltlichen Fortsetzung von "The Glass Prison", experimentieren Dream Theater, begleitet durch mehrere Iron Maiden-inspirierte Gitarrensoli, mit einigen gewöhnungsbedürftigen Voice-Effekten, die sich allerdings gut in die düstere Grundstimmung des Songs einordnen.

Weniger hart beginnt zunächst "Endless Sacrifice". Der balladeske erste Teil des Songs wird getragen durch James Labries melodischen Gesang, der instrumental nur moderat durch die anderen Bandmitglieder unterstützt wird. Im Kontrast dazu steht ein wütender Refrain, der durch Gitarrenriffs und aggressiven Gesang dominiert und beim ersten Mal majestätisch durch Jordan Rudess ausgeleitet wird. Im Mittelpunkt des zweiten Teils von "Endless Sacrifice" steht ein für Dream Theater typischer Instrumentalpart, bevor James Labrie erneut mit einer gehörigen Portion Theatralik zum Zuge kommt. Strukturell erinnert "Endless Sacrifice" deshalb über weite Strecken an Dream Theaters Meisterwerk "Metropolis Part 1".

Das sich anschließende "Honor Thy Father" ist mit Sicherheit der wütendste Song des gesamten Albums. Während James Labrie in diesem Song versucht, à la James Hetfield zu singen, kehrt er im wunderschönen Intermezzo "Vacant" zu seinen eigentlichen Wurzeln zurück und überzeugt durch seine in mittleren Lagen außerordentlich sanfte und beruhigende Stimme.

Den krönenden Abschluss von "Train Of Thought" stellt nach dem atemberaubenden Instrumental "Stream Of Consciousness" das bombastische "In The Name Of God" dar. Dieses vierzehnminütige Opus, das inhaltlich Mord und Krieg im Auftrag Gottes behandelt, fasst all' das zusammen, was Fans besonders an früheren Werken wie "Scenes From A Memory" oder "Images & Words" schätzten und ist deshalb kaum in Worten zu beschreiben. Dieser wohl unbestrittene Höhepunkt von "Train Of Thought" und andere starke Epen wie "Endless Sacrifice", "This Dying Soul" oder "Stream Of Consciousness" erzeugen eine Woche nach Veröffentlichung deshalb schnell das Verlangen nach (noch) mehr...

Tracklist
1. As I Am (7:47)
2. This Dying Soul (11:28)
3. Endless Sacrifice (11:23)
4. Honor Thy Father (10:14)
5. Vacant (2:58)
6. Stream Of Consciousness (11:16)
7. In The Name Of God (14:16)
(vö: 10.11.2003)

Ein Bericht von Stephan Lorse.

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