.:o:. On Tour .:o:.
Ende letzten Jahres feierten Orange Pearl aus Kröv die Releaseparty ihrer neuen Scheibe "Juiced" in Tom´s Musikkeller in Enkirch. Sandy hat sich die neuen und alten Songs der Band für´s Klangmagazin angehört und dabei auch noch spontan ein neues patentreifes Lebensmittel für studentische "Ich-kann-nicht-Kochen-Fraktion" erfunden: "Orangenwackelpudding". Einfach einen Doppelpack Dr. Oetker Zitronen-Götterspeise in einem Liter Orangensaft auflösen, kurz in einem Topf erhitzen, in irgend ein Gefäß füllen und über Nacht in dern Kühlschrank stellen. Doch jetzt zur Musik ... schmatz!
„The world is getting orange“

"Orange Pearl" sind gerne Live unterwegs, waren in der Vergangenheit mehrmals im Studio und präsentieren mit "Juiced" erstmals ein Album mit zehn Songs aus ihrer gesamten Bandgeschichte.

Götz Burger (Vocals, Keyboard und Piano), Markus Mohr (Fender Strat), Peter Tesch (Ibanez und Washburn Guitars), Martin Gachot (Fender Jazz Bass) und Martin Lebenstedt (Drums) komponieren und arrangieren alle ihre Songs selbst, weil sie finden, dass Covern alleine nur den halben Spass bringt. Dabei regnets im Moselort Kröv regelmäßig musikalische Ideen, die an den Vorbildern der Band angelehnt sind, aber trotzdem neu klingen. Ein Dire Straits beeinflusster Gitarrensound trifft auf Blues, Folk und Rock.

"Bitte Vorsicht an Gleis eins!"

Mit einem Originalton von einem Bahnhof startet der Opener "The Train", der bereits von der musikalischen Vielfalt der neuen CD zeugt. Der Zug wird zur Metapher für eine Zeitmaschine, die die Vergangenheit zurücklässt. Die Perspektive des Reisenden wechselt vom Betrachter zum reflektierenden, nach innen blickenden Menschen auf "Lebensreise". Die Drums hämmern im Rhythmus der Räder, das Tempo variiert mit der Geschwindigkeit, in der die Landschaft am Fenster vorbeifliegt. Und wo es um einen Zug geht, da dürfen Blueselemente natürlich nicht fehlen: Dominante Bässe und groovende Beats geben den Ton an.

"Get alive" vereint Folk und Rockelemente, Wah-Wah-Effekte und Akkordeonklänge zu einer interessanten Mischung mit ermutigender Message: Manchmal ist es besser, sich ins Leben zu stürzen und den Alltag zu vergessen, als zu grübeln und den Kopf in den Sand zu stecken.

"Shorty" ist eine Bluesrocknummer, die den Hörer auffordert, sich fallen zu lassen, den Sound zu fühlen und loszutanzen. Auch hier steht der für "Orange Pearl" typische laute Bass stellenweise sehr stark im Vordergrund. Die Gitarre "singt" ein bluesiges Begleitmotiv und liefert sich mit dem Keyboard einen ambitionierten Solodialog.

"Missed Possibilities."

Mit der eindrucksvollen Ballade "Days of time" zeigen "Orange Pearl", dass Akustik- und E-Gitarren sich prima ergänzen können, wenn es um den Wechsel von Strophen und Refrain geht. Das Lied handelt von dem Wunsch, im Leben einen Menschen zu finden, der dem alltäglichen Trott einen Sinn verleiht - davon, dass kein Tag und kein Moment wertlos sind. Und davon, dass viele Menschen mit dem Gedanken spielen, ihr Leben für immer zu ändern. Verträumte Keyboardparts unterstreichen die Aussage, dass wirkliche Motivation nur aus einem selbst kommen kann und dass diese allzu oft von der Gesellschaft unterdrückt oder vom Alltagsleben überrollt wird.

Im Song "Mrs. Ryan" wird ein 14jähriger Junge von seiner neuen Nachbarin in den Bann gezogen. Das Lied hat Musicalcharakter und bietet Bluesrock auf hohem Niveau. Die Reaktionen der Protagonisten werden vom Sänger stimmlich sehr originell umgesetzt. Auch hier werden durch Tempo- und Rhytmusvariationen verschiedene Erzählebenen beleuchtet.

Einen Folksong, der eine romantische Liebesgeschichte erzählt, liefern "Orange Pearl" mit "Your Stronghold" ab. Langsame Akustikgitarrenriffs tanzen wie Seifenblasen mit spielerischer Leichtigkeit zu malerischen Arrangements in einem Lied über eine Liebe, die nach einem ewigen hin und her schließlich doch noch ein Happy End findet. Hier wird besonders deutlich, was die Stücke von Orange Pearl so authentisch macht: Es sind die kleinen charmanten Geschichten aus dem Alltag, die jeder von uns kennt. Wer ist nicht schon mal mitten in der Nacht irgendwie irgendwo zum Kaffetrinken gelandet.

"Want you so deeply."

"Love and Hate" erzählt von einer dieser tragischen Beziehungen, die einen vor die Frage stellen, wie nah Zuneigung und Resignation oft beieinander liegen, wenn Trauer und Sehnsucht einen Menschen an die Grenze seiner Erwartung bringen. Stilistisch irgendwann im Vorfeld von "Rage against the Machine" angesiedelt und doch mehr Rock als Crossover, spiegelt sich das "Verkehrschaos aus Liebe und Hass" in trotzigen Rhythmen und pointierten Gitarrenriffs wieder.

Der Funksong "Confused" handelt von der "superartificial society" und dem Gedanken, dieser durch einen Menschen zu entfliehen. Hier finden die beiden Lieblingsthemen der Band, "Liebe und Weltflucht", in einem einzigen Song zusammen.

"Into the night" gibt das stimmungsvolle Erlebnis wieder, mit der beeindruckenden Atmospähre einer dunklen Nach eins zu sein und darin zu versinken. Die Gitarren klingen wie die Sirenen einer Polizeistreife, um im nächsten Moment an das Heulen eines Wolfes oder das Kreischen einer Fledermaus zu erinnern. Durch interessante Percussioneffekte wird die dunkle Szenerie untermalt. "Mir werden all die unheimlichen Geschichten über die Dunkelheit ins Gedächtnis gerufen" singt Götz Burger auf Englisch und erzählt von der Angst des Menschen, die Kontrolle zu verlieren. "Aber die Nacht ist nur ein Gegenspieler, denn ohne Angst gibt es keinen Mut, ohne Lachen gibt es keine Tränen und ohne Dunkelheit gibt es kein Licht."

"Santa Claus in any street."

"Without Words" ist ein nachdenkliches Lied in bester Songwritingmanier und erzählt mit viel Wortwitz darüber, was Musik vermag: Die Herzen der Menschen zu öffnen! Der Song zeichnet einen Tag im Dezember nach und damit auch den Wahnsinn der vorweihnachtlichen Konsumgesellschaft: "Santa Claus in any street, I hear and feel the christmas beat." Der eigentliche Sinn von Weihnachten geht im Einkaufsrummel verloren: "The hearts are cold and new are not being sold." Vor einem Kaufhaus schafft es ein Gitarrenspieler, den "Terror in bunten Schleifen" zu besiegen. "Er beginnt zu spielen und die Straße wird geflutet von seinem Herzen, seinem Gefühl und seiner Ruhe - ganz ohne Worte." Dieses Bild eines Felsens in der Brandung der Masse wird durch treffende musikalische Akzente untermalt.

Doch damit ist die CD noch nicht zuende. Wer nicht gleich nach dem letzten Song den CD Player abschaltet, entdeckt nach einiger Zeit noch einen kurzweiligen Blues-Song, der von einer Hammond-Orgel gespielt wird. Im Booklet liefern Orange Pearl die deutsche Übersetzung der englischen Songs übrigens gleich mit, wobei diese relativ frei geschieht, wie auch ein Fan der Band treffend bemerkte: "Allein die Textzeile ´I fell in love and got the sniper-rifle to make a shot right between your eyes, and so I asked you for a chinese dinner.´ mit ´Ich ging direkt auf`s Ganze und fragte Dich, ob Du nicht mal mit mir essen gehen würdest.´ zu übersetzen, ja das ist schon einen Asbach Uralt wert!" Alles in allem ist "Juiced" eine gelungene Scheibe für alle, die Bluesrock mit Tiefgang mögen.

Infos und Songs zum Reinhören gibt´s unter www.orangepearl.de

Sandy für´s Klangmagazin.

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