.:o:. In Concert .:o:.
Ich kaufe mir übrigens jetzt ´ne E-Gitarre", erzählte Sandy´s Kleincousin neulich. Prompt konterte sie: "Kauf´ Dir doch erst mal ´ne normale Konzertgitarre und lerne darauf spielen." "Warum?", fragte ihr Kleincousin. Auf dieses "Warum?" fiel Sandy keine plausible Antwort ein - also ging sie der Frage zusammen mit Matthias Webel auf den Grund . Er ist Lehrer für E-Gitarre, musikalischer Leiter der "Menschenkind" Band und geht demnächst mit seiner Band SIL und seinem Musical Projekt "The Wall" auf Tour. Infos bei mlwebel@gmx.de

Sandys Resumée: "Für diese Recherche hätten sie mir in den USA garantiert ein Gitarrendiplom verpasst." ;-)

Wer A sagt muss auch E sagen.

"Plek oder Fingerpicking? Amp oder Dobro? Stahl oder Nylon?"

Was erzählt man jemandem, der vor der Frage steht, ob er sich eine E-Gitarre zulegen, oder erst einmal auf einer akustischen Gitarre das ABC der über 700 möglichen Griffe erweben soll? Bei mir hat sich diese Frage eigentlich nie gestellt, weil ich recht spontan von A nach E "geslidet" bin und außer einem "nanu ich treff´ die Saiten nie, weil der Abstand viel geringer ist" damals eigentlich auch kaum darüber nachgedacht habe. Fakt ist, dass es auf diese Frage keine eindeutige Antwort gibt. Also habe ich mit mit Matthias Webel über das Thema unterhalten, welche Art der Gitarre für Anfänger am besten geeignet ist und ob Leute, die E-Gitarre spielen lernen möchten, die Grundkenntnisse besser auf einer Konzertgitarre erwerben oder gleich mit einer E-Gitarre loslegen sollen. Ist es einfacher von einer akustischen auf eine elektrische Gitarre umzusteigen als umgekehrt? Bekommt man das Feeling fürs Gitarre spielen überhaupt, wenn man mit einer Solidbody loslegt? Kann man die Soundmöglichkeiten einer E-Gitarre optimal kennenlernen, wenn man das Handwerk nicht von der Pieke auf gelernt hat? Wo liegen die Unterschiede und wo die Gemeinsamkeiten bei E- und A-Gitarren. Wir möchten mit dieser Geschichte all denen eine Handvoll Tipps mit auf den Weg gehen, die vor der Frage stehen, welches Instrument sie sich als Anfänger zulegen möchten.

"In Vivo Guitar."
Natürlich lässt sich mit einiger Übung eine E-Gitarre viel fließender spielen, als eine akustische - allein schon deshalb, weil die Saitenlage eine völlig andere ist. Für Anfänger ist es dagegen leichter, auf einer Konzertgitarre zu proben, weil die Saiten weiter auseinander liegen und der Hals breiter ist. Alle anderen Vergleiche zwischen den beiden führen relativ schnell zu der Erkenntnis, dass es sich eigentlich um zwei völlig verschiedene Instrumente handelt, die lediglich im Aufbau fast gleich sind. Eine E-Gitarre als Leadinstrument in einer Band kann man von ihrem Klang und ihrer Funktion her eher mit einer Violine vergleichen, als mit einer Konzertgitarre.

Während die Töne bei der normalen Gitarre mechanisch erzeugt und durch einen "natürlichen" Resonanzraum verstärkt werden, entsteht bei der E-Gitarre die Sounds durch elektische Verstärkung - je nach Modell in dem für das jeweilige Fabrikat typischen Klangspektrum. Mittlerweile gibt es sogar Zubehör, das es ermöglicht, auf einer E-Gitarre über ein Dutzend verschiedene Modelle zu emulieren. Ob es allerdings zweckmäßig ist, wie Carlos Santana auszusehen und dabei wie die Beatles zu klingen, muss jeder für sich selbst beantworten.

Viele E-Gitarrenstücke sind für Akustikgitarren denkbar ungeeignet, weil sie Sounds verwenden, die sich ohne Verstärker nicht realisieren lassen. Das Wissen über Melodien, Harmonien und Rhythmus kann man sich grundsätzlich auf beiden Instrumenten erarbeiten. Einige Gitarrenspieler lernen auch erst E-Gitarre und steigen dann auf Akustikgitarre um, wenn sie beispielsweise in Unplugged-Projekten spielen.

"I´m still standing"
Wo liegen aber nun die Unterschiede? Da wäre zunächst das Faktum, dass man eine E-Gitarre im Stehen spielt, während die klassischen Konzert- oder Flamencogitarristen auch schon mal sitzenderweise anzutreffen sind. Oder hat schon mal jemand von Euch ein Pink Floyd Konzert gesehen, bei dem Wright und Co. in voller Bühnenaction um einen in der Mitte auf einem Barhocker sitzenden David Jon Gilmour geturnt sind? Von Studiogitarristen will ich hier nicht reden, die können natürlich auch im sitzen spielen. Ansonsten bleibt der einzige Band-Hocker meistens dem Drummer vorbehalten ;-)

"Heavy Metal"
Punkt zwei: E-Gitarren sind schwerer als A-Gitarren. Was auf der Bühne so virtuos ausschaut, ist oft das Resultat eines gravitativen Lernprozesses. Um die drei Kilogramm aufwärts kann man für seine Stromgitarre je nach Ausführung schon veranschlagen, wobei es bei den Solidbody Gitarren mittlerweile auch schon leichtere Modelle für Kids gibt. Als ich nach drei Jahren Konzertgitarre erstmals eine Egitarre in der Hand - bzw. um den Hals hatte, bin ich fast vornüber umgekippt, weil ich keine Ahnung hatte, dass die Teile keinen Resonanzraum besitzen - also "Solidbody-Gitarren" sind.

"Music mix the bourgeoisie and the rebel"
Wenn jemand E-Gitarre spielen lernen möchte, hat er oft einen konkreten Plan im Kopf, welche Art der Musik er erlernen möchte oder welchem seiner Idole er nacheifern will. Während die Akustikgitarre in Klassik, Folk, Country, Fado oder im Unplugged Bereich gerne gesehen ist, kommen E-Gtarren vor allem im populären Bereich, im Blues, Jazz, Rock, Metal, Punk, Grunge und Soul vor. Dahinter verbergen sich verschiedene Konzepte des Lehrens und Lernens, die natürlich auch dadurch variieren, in welcher Band man spielen möchte und in welche Richtung man gehen will.

Die Extreme in der populären Musik gehen immer weiter auseinander. Stellt Euch mal einen Steve Lukather inmitten der Band Blink 182 vor - oder Eric Clapton beim Versuch, ein Yngwie Malmsteen Solo zu spielen - dann wisst ihr, was ich damit meine. Viele Musikschulen richten sich in ihrem Lehrangebot nach dem Bedürfnis ihrer Schüler und bieten E-Gitarren Unterricht für Anfänger an, die sofort mit Fender und Co. einsteigen möchten. Es gibt heute sehr viele und sehr gute Gitarristen, die diesen Weg von Anfang an gegangen sind. Und wer stellt sich schon eine Kirchenorgel oder einen Konzertflügel in den Proberaum, wenn er Keyboard spielen lernen möchte und weiss, wie die Tasten unter seinen Fingern klingen sollen. Die aktuelle Musik bedient auch mehr das Fach der E-Gitarre. Sie ist im öffentlichen Bewusstsein viel präsenter als ihre nylonbespannte Schwester.

"Born to be wild"
Die "Schlaggitarre" war zunächst ein rein akustisches Instrument. Die ersten E-Gitarren entstanden aus der Notwendigkeit, sich gegen die immer größer werdende Lautstarke der Swing-Orchester und Bigbands der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchzusetzen und um die Gitarre als Soloinstrument lauter klingen zu lassen. Man begann, sich über eine Verstärkung Gedanken zu machen. Es wurden - zuerst übrigens bei Hawaii-Gitarren - Mikrofonkapseln in das Schallloch geklemmt, die wiederum an radioähnliche Verstärker angeschlossen waren. So konnte man die Saitenschwingungen in ein elektrisches Signal umwandeln. Dies war die Geburtsstunde der E-Gitarre. Les Paul benutzte bereits 1928 einen Grammophon Tonabnehmer und einen Telefonlautsprecher, um seine Gitarrenlautstärke zu erhöhen.

Herkommend von der Slide Technik der waagerecht auf den Knien gespielten "Lap Steel Gitarren" hielt die E-Gitarre dann zunächst Einzug in der County-Musik. Bob Dunn ist der erste Steel-Gitarren-Spieler, der auf einem Tonband zu hören ist. Sein Spiel war stark von der Jazz-Posaue beeinflusst.
Ende der 40er Jahre machte sich Charlie Christian mit seinem Gibson Amp und seiner verstärkten "spanischen" Gitarre einen Namen. Er kam vom Kontrabass 1937 zur elektrischen Gitarre und beeinflußte die nächsten Jahrzehnte durch seine am Saxophon orientierte Formensprache. T-Bone Walker brach erstmals aus der für Gitarristen typischen rhythmushaltenden Spielweise aus und liess seine Gitarre als Antwort auf die Vocals erklingen. Ende der 50er fertigte der Elektrotechniker Leo Fender die erste Solidbody E-Gitarre der Geschichte - die Fender Telecaster - in Serie, nachdem Les Paul und andere schon vorher mit der Idee experimentiert hatten.

Nachdem die Gibson Les Paul 1952 und die Fender Stratocaster 1954 auf dem Markt waren, tat sich nichts Revolutionäres mehr auf dem Sektor der elektrischen Gitarre. Auch wenn sich Sounds und Darstellung immer wieder verändert haben und durch "Endorsement" bestimmte Marken durch bekannte Gitarristen zu Kultobjekten werden - wie etwa die Paul Reed Smith Santana SE - Fender und Gibson haben auf jeden Fall Maßstäbe gesetzt und dienen auch heute noch als Ausgangspunkt bei der Herstellung von E-Gitarren. Sie haben die Entwicklungsgeschichte der Stromgitarren nachhaltig geprägt. Viele Gitarrenbauer sind immer von Fender Statocaster und Gibson Les Paul beeinflusst.

"Money, it's a gas. Grab that cash with both hands and make a stash."
Durch die Welle vor allem fernöstlicher Gitarrenhersteller, die mittlerweile recht gute und billige Kopien der namhaften Firmen herstellen, sind E-Gitarren heute gar nicht mal so teuer. Eine gute Einsteiger-E-Gitarre bekommt man schon ab 300 Euro - Verstärker und Gurt inklusive. Es gibt hunderte von Firmen, die Fender Stratocaster und Gibson Les Paul kopieren. Allerdings gibt es auch andere Gitarrenbauer, die exklusive E-Gitarren bauen, etwa Paul Reed Smith oder Grover Jackson. Auch die japanischen E-Gitarren, etwa von Yamaha oder Ibanez, erreichen ein hohes Qualitätsniveau und bleiben dennoch erschwinglich. Deutsche Marken wie Framus mischen nach Jahren der Stille ebenfalls wieder mit.

Wenn man null Ahnung hat, welches Instrument man sich zulegen soll, ist es immer ratsam, sich mehrere Gitarren anzuhören, sie auszutesten oder einen befreundeten Gitarristen oder Gitarrenlehrer mit ins Musikgeschäft zu nehmen. Bevor es ans Spielen geht, wird natürlich die allgemeine Verarbeitung geprüft. Da gelten dieselben Punkte wie bei der Akustikgitarre. Bei der Überprüfung der mechanischen Teile sollte man besonders auf den Vibratohebel achten. Ist er nicht im Wege beim Spielen, ist er einigermaßen verstimmungsfrei zu handhaben? Pete Townsend von den Who hat sich übrigens mal eben jenen (im Wege stehenden) Vibratoarm in die Hand gerammt, als er seinen berühmten Windmühlenschlag celebrierte. Inzwischen kann man den Arm feststellen oder entfernen.

Man sollte sich alle Einbauteile (Stege, Pickups, Vibrato) anschauen, ob sie allgemein übliche Maße haben. Später kann man Replacementparts (Ersatz-, Austauschteile) höherwertiger Art kaufen und dadurch ein Instrument ungemein aufwerten. Falls man gleichzeitig mit der Gitarre auch den Verstärker kaufen möchte, so sollte man erst das Instrument wählen, das den eigenen Vorstellungen und dem Spielgefühl entspricht und damit verschiedene Amps (Verstärker) testen. Es ist auch ratsam, sich einen Gigbag zuzulegen, mit dem man sein Instrument schlagresistent und kratzerfrei transportieren kann.

"Boys and Girls"
Wenn man die Geschichte der E-Gitarre betrachtet - die Mythen, Legenden und Vermarktungsetiketten, die damit verbunden sind, so ist es nicht verwunderlich, dass die meisten klampfenden Mädels zur Konzertgitarre greifen und die E-Gitarre eher eine Domäne der Jungs darstellt. Musikerinnen wie Patti Smith, Avril Lavigne, Michelle Branch, Vonda Shepard, Jeniffer Batten oder Melissa auf der Maur bilden hier eher die Ausnahme. Schade eigentlich, denn auch wenn viele das elektrisch verzerrte Instrument mit einer Waffe vergleichen, als Phallussymbol darstellen oder als Rakete titulieren, ist und bleibt es ein Musikinstrument, das neben Wissen auch eine gewisse Sensibilität und Feinmotorik beim Spielen erfordert. Also nix mit Motorsäge oder so - auch wenn viele "Stars" in Videoclips oder Fernsehshows eine Riesenshow abziehen. Und die Eltern sind nicht selten diejenigen, die dieses typische Rollenverhalten - A für Mädels und E für Jungs - fördern. Oft bildet eine Gitarre auch einen Anschaffungsfaktor: Man hat noch eine alte Akustikgitarre im Keller und möchte sie an die eigenen Kids weitervererben. Damit tut man sich und den angehenden Klampfern allerdings keinen großen Gefallen.

"Aufmotzen?"
Reicht es nicht, die alte Akustikgitarre, die Tante Klara vor zwanzig Jahren auf dem Dachboden verstaut hat, mit neuen Tonabnehmern auszurüsten? Damit kommt man bei weitem nicht an die Möglichkeiten heran, die die "Singlecoil"-Kombination bei einer stratliken Egitarre bietet. Die Les Paul ist mit zwei "Humbuckern" ausgestattet. Was ist cooler? Tante Klaras akustische Hippiegitarre oder Deine elektische?

"Querdenker."
Natürlich lassen sich mit einem Barrégriff oder einem Zwei-Finger-Powerchord schon nach wenigen Übungsstunden mit geringem Aufwand verblüffende Effekte erziehlen. Aber spätestens wenn man in seinem heissgeliebten Nickelbacksong beim Solospiel ankommt, ist es nicht verkehrt, zu wissen, wie eine Durtonleiter aufgebaut ist oder wie man durch eine Pentatonik über das Griffbrett improvisieren kann, was eine Bluenote ist oder wie man ohne groß nachzudenken auf verschiedenen Saiten auf Anhieb den richtigen Ton trifft. E-Gitarrenspieler denken eher horizontal, was sicherlich auch daran liegt, dass die E-Gitarre durch Clapton und Co. zum Soloinstrument geworden ist. Akustikklampfer sehen die Welt dagegen eher vertikal in Richtung des Anschlages.

Dazu kommt, dass eine E-Gitarre erst durch den entsprechenden Verstärker zum Instrument wird. Man muss erst mal lernen, die Saiten abzudämpfen, bevor der Oma im Haus gegenüber das Hörgerät aus dem Ohr fliegt, weil man der falschen Vermutung aufgesessen ist, man benötige für einen starken Sound auch einen starken Bizeps.

"The Show must go on."
Was motiviert die Jugendlichen dann zum Kauf einer E-Gitarre? Natürlich ist es megacool, in einer Band zu spielen und der Leadgitarrist zu sein. Alles in allem ist die E-Gitarre auch ein "Selbstdarstellungsinstrument", mit dem man sich ausdrücken oder seinen Idolen nacheifern kann. Niemand, der E-Gitarre lernt, hat nicht auch seinen Richie Blackmore, Yngwie Malmsteen oder Steve Vai im Hinterkopf. Einige Gitarrenlehrer haben die witzige Beobachtung gemacht, dass die Kids ihre Gitarren heute mit extrem niedrigem Gurt spielen! Freiheit für die Hände, die in Punkmanier beim Anschlag der Saiten fast den Boden streifen - natürlich darf man dabei auch den typischen Katzenbuckel und die anmutende Punk-Klampfer-Geste beim Singen nicht vergessen. Der typische Jazzgitarrist spielt dagegen eher mit einem hoch angesetzten Gurt. Da drängt sich einem die Frage auf, ob an dem Gerücht etwas dran ist, dass Rock aus dem Herzen und Grunge aus der Hose kommt.


"Me and some guys from school had a band and we tried real hard."

Ein wichtiger Punkt in der ganzen Diskussion ist auch die Frage, ob man als Lagerfeuermusiker Pfadfinder unterhalten, als Akustikklampfer Chöre untermalen oder als Bandmusiker Groupies in Extase versetzen möchte - schääärz - die Konzertgitarre ist nicht erst seit der Zeit der ersten Jugendbewegung zum Symbol von Freiheit und Ungebundenheit geworden. Ganz anders ihre elektrisch verzerrte Schwester: Die E-Gitarre ist und bleibt ein Bandinstrument, sei es als Rhytmusgitarre oder als Leadgitarre. Schade ist allerdings, dass ihre Funktion als Soloinstrument immer stärker in subkulturelle Randbereiche abgedrängt wird. Das liegt einfach daran, dass bei einem zweiminütigen Gitarrensolo die Aufmerksamkeitskurve des Otto-Normal-Hörers rapide abfällt und die Musikindustrie kein Interesse mehr hat, neue Gitarrenhelden zu produzieren, wenn man nicht gerade eine bestimmte Sparte bedient, die wie beispielsweise Powermetal immer noch enorm von der Energie der Gitarre lebt. Heute herrschen im Mainstream Popsoli vor, die die Songs relativ konform unterstreichen, ohne wirklich etwas auszusagen. Jimi Hendrix hat es einst sogar geschafft, in einem Akt des Protestes die US-Nationalhymne zu einem minutenlangen Sound herabpfeifender und explodierender Bomben zu verzerren.

"Deutschland sucht den Supergitarristen."
Nachdem man also sagen kann, dass es nicht unbedingt notwendig ist, der Karriere als Bandmusiker eine zweijährige Ausbildung an der Konzertgitarre vorausgehen zu lassen, sollte man jedoch nicht vergessen, dass die E-Gitarre sich aus der A-Gitarre entwickelt hat. Das Feeling, ein Resonanzinstrument zu spielen, sollte sich kein leidenschaftlicher Klampfer entgehen lassen. Die Acousticprojekte boomen nicht erst seit Kurt Cobains Strickwestenshow bei MTV Unplugged und es gibt mittlerweile sogar Effektgeräte, die eine E-Gitarre wie eine akustische klingen lassen.

Der erfolgreichste Gitarrenbuchautor Deutschlands und "Gitarrenlehrer der Nation" - Peter Bursch - empfiehlt wiederum, mit einer A-Gitarre zu beginnen und erst mal hier die nötigen Grundkenntnisse zu erwerben. "Dann kann man sich mit den verschiedenen Klangfarben und Möglichkeiten der E-Gitarre auseinandersetzen", sagte er als Akustik-Autor. Egal wie man es macht - man kann es eigentlich nicht verkehrt machen. Bleibt zu hoffen, dass man in Zukunft im TV auch mal "echte" Bands mit "echten" Musikern casten wird - oder die Geschichte einer real gewachsenen Band wie den Guano Apes in Bild und Ton dokumentiert.

"Spieltechniken."
Die Spieltechniken, die bei der akustischen Gitarre erwähnt werden, gelten natürlich auch für die E-Gitarre. Allerdings kommen bei der Elektrischen noch besondere Eigenschaften durch das Element der Verstärkung hinzu, die etwa man auf einer Klassik- oder Westerngitarre nicht erreichen kann. Durch zwischengeschaltete Effektgeräte erreicht man weitere Soundvariationan.

Die wichtigsten Effekte sind:
Boxenimitator / Chorus (auch stereo) / Di-Box/Digital-Echo / -Hall (auch stereo) / Distortion / Equalizer / Flanger / Heavy Metal / Imitation der Akustikgitarre / MIDI-Adapter / Multieffektgeräte / Noise-Gate / Octaver / Overdrive / Phaser / Röhrenvorverstärker / Rotations-/Lesleyeffekt / Sustain / Compressor / Verstärkerimitation / Vibrato / Volume-Pedal / Wah-Wah-Pedal

"Plek contra Picking"
Während bei der Konzertgitarre das Spiel mit den Fingern die dominante Form ist, wird bei der Westerngitarre und bei der E-Gitarre - gerade auch fürs Solo-Spiel - gerne das Plektrum, auch kurz Plek genannt, eingesetzt. Pleks gibt es in allen Farben und Formen, Brian May benutzt eine englische Sixpencemünze. Einige Gitarristen schwören auf Elfenbein, andere wiederum auf Plastik. Natürlich sollte die Auswahl des Plektrums auch damit zusammenhängen, welche Saitenstärke und welchen Stil man spielt.

"Bottleneck-Spiel"
Viele bekannte Rockgitarristen benutzen - wenn's an die bluesigen Klänge geht - gerne den Bottleneck zum Slide-Spiel (slide = gleiten). Das Bottleneck-Spiel ist möglich auf Gitarren mit Stahlsaiten, also auf Western- und E-Gitarren. Es gibt die speziellen Slidegitarren oder Hawaii-Gitarren, die man auf den Knien hält oder die auf einem Ständer stehen. Slidegitarristen sieht man oft in Bands, die Blues oder Country- und Western-Musik spielen. Beim Spiel mit einem Bottleneck (deutsch: Flaschenhals) benutzt man ein Röhrchen aus Glas, Messing oder verchromtem Stahl, das über den Mittel- oder Ringfinger der Greifhand gesteckt wird. Damit gleitet man auf den Saiten rauf und runter und erzeugt so die fließenden Tonübergänge, auch Hawai-Effekt genannt. Mit den freien Fingern kann man zwischendurch bei einiger Übung noch Akkorde greifen. Wenn man sich auf das gleitende Spiel (Slide-Spiel) spezialisieren will, ist es ganz nützlich, eine Gitarre auf eine andere Stimmung als die herhömmliche EADGHE-Stimmung zu bringen. Im so genannten open tuning (offene Stimmung) erreicht man beim Anschlag der Leersaiten bereits einen Vollakkord. Durch das Auflegen des Bottleneck kann man so die gesamte Harmonie in andere Lagen transponieren.

"Bending"
Die Saiten sind zwar straff gespannt, aber dennoch sind sie dehnbar. Diese Tatsache kann man in sein Spiel einbauen. So kann man einen Ton greifen, ihn mit dem Plättchen anschlagen und gleichzeitig die Saite mit dem Greiffinger dehnen und langsam wieder zurückkommen lassen auf den ursprünglichen Ton. Dadurch entsteht ein fast stimmähnlicher Effekt, die Gitarre singt. Ebenso kann man einen Ton, den man greifen will, einen Bund tiefer greifen, dann aber gleichzeitig die Saite so weit dehnen, dass man auf dem tieferen Bund den höheren (gemeinten) Ton ziehst. Das ist sehr wirkungsvoll. Mit diesem Trick kann man auch wunderbar verdecken, wenn man sich mal verspielt hat - man zieht einfach die Saite höher.

"Slide"
Das Slidespiel kann man immer einsetzen. Man kann den ersten Ton eines Laufes damit beginnen, dass man tiefer auf der Saite startet und dann schnell zu dem gewünschten Ton hingleitet. Man kannt auch bei Läufen und Melodien die Zwischenräume zwischen den einzelnen Tönen durch Gleiten überbrücken. Und schließlich ist es ebenso möglich, eine Solophrase mit dem Abgleiten in die tieferen Saitenregionen zu beenden.

"Hammering und Pull Off"
Hammering ist eine angesagte Gitarrentechnik. Der einfachste Weg: Man schlägt eine Leersaite mit dem Plektrum an - der Ton der Saite klingt. Auf die schwingende Leersaite nun hämmert man seinen Greiffinger auf einen Bund einen Ton, der zum ersten passt. Wenn man das nun sehr schnell macht, hört man praktisch zwei Töne - den der bereits schwingenden Leersaite und den "gehämmerten". Diese Technik kann man beliebig verfeinern und verkomplizieren. Man kann von einem gegriffenen Ton auf einen Ganzton höher hämmern oder den Zeigefinger der Zupfhand auf einen weiteren Bund aufhämmern. Wer diese Technik drauf hat, kann sich sogar hämmernd über das gesamte Griffbrett bewegen. Natürlich muss der Verstärker dabei eine gewisse Lautstärke haben und die Gitarre gutes Sustain. Insgesamt sieht das sehr professionell aus, wenn man's kann. Hammer on und Pull off dienen dazu, Töne lückenlos miteinander zu verbinden. Das gibt einer Melodie sehr viel Fluß und entlastet außerdem die Anschlagshand. Durch die "schnelle" mehrmalige Kombination zweier Töne erzeugt man einen sogenannter Triller. Gary Moore und Angus Young machen das zum Beispiel gerne.

"Tapping"
Tapping ist verwandt mit der Hammering-Technik. Eddy Van Halen war in den Siebzigerjahren der Meister aller Klassen, machte die Spielart populär und entwickelte sie weiter. Beim Tapping kombiniert man Hammer und Pull beider Hände. Mit einem oder mehreren Fingern greift man gezielt einen oder mehrere Töne auf dem Griffbrett durch festes Aufdrücken der Finger ab. Es erklingen also die in diesem Bund auf der entsprechenden Saite vorhandenen Töne. Dadurch ist es möglich, ganze Akkorde mit der Spielhand erklingen zu lassen, wenn man herausgefunden hat, wo man tappen muss. Oder man tappt nur Einzeltöne, während man mit der Greifhand auf einer anderen Saite hämmert. Es gibt Gitarristen, die auf diese Weise mit der Spielhand ein Tongefüge erzeugen, das andere kaum mit zwei Händen zustande bringen.

"Vibratoeffekt"
Vibrato erzeugt man auf einer Gitarre, indem man einen Ton in einem Bund greift, die Saite stark drückt und gleichzeitig den Finger sehr schnell ein wenig hin und her bewegt. Auf der E-Gitarre spielt man Vibrato, indem man mehrere kleine, kurze Bendings hintereinanderspielt. Dadurch erhält der Ton einen singenden, schwebenden Charakter, steht aber auch länger. Ein Beispiel zu den Effekten Bending, Slide und Vibrato ist der Song von George Harrison "While My Guitar Gently Weeps", wobei das Solo aber bekanntermaßen von Eric Clapton gespielt wurde. David Gilmour dagegen spielt das Vibrato lieber mit dem Vibrato-Hebel.

"Learning by doing."
Wem der Weg in die Musikschule zu weit ist oder wer sich lieber selbst etwas beibringen möchte, der kommt an einem Namen nicht vorbei: Peter Fischer. Er war einer der ersten, der E-Gitarrenbücher geschrieben und damit die E-Gitarre einer breitem Masse zugänglich gemacht hat. Für Anfänger ist sein Buch "Rock Guitar Basics" besonders empfehlenswert. Daneben gibt es von ihm intererssante weiterführende Bücher wie "Rock Guitar Secrets" oder "Blues Guitar Rules", jede Menge Übungs-CDs und sogar DVDs. Peter Fischer ist übrigens einem Trend gefolgt, dem viele seiner Gitarristenkollegen auch nachgekommen sind: Er hat sich Mitte der 90er von seiner Langhaarmatte getrennt.

Infos zu guter Gitarrenliteratur findet man unter www.ama-verlag.de. Ausserdem gibt's in jedem guten Musikladen Gitarrenbücher en Masse. Empfehlenswert ist auch das Rockgitarren-Lehrbuch "Total Rock Guitar" von Troy Stetina! Es existiert bisher leider nur in englischer Sprache, enthält aber alle angesagten Konzepte und Spieltechniken und ist super praxisnah erklärt.

Das E-Gitarren-Spiel kann man sehr gut autodidaktisch erlernen, indem man seine Lieblinsstücke von Band und CD nachspielt und sich immer wieder in seine Lieblingsmusik hineinhört. Selbst Eric Clapton soll nie eine Musikschule von innen gesehen haben. Die Evolution der Rockmusik funktioniert überhaupt erst nur dadurch, dass Gitarristen die Konzepte ihrer Vorbilder ansatzweise übernehmen und weiterentwickeln. Das freut natürlich die Verlagshüter von Zeitschriften wie "Gitarre und Bass" und die Betreiber von tausenden von relativ leicht zugänglichen Lyrics- und Tabarchiven im Internet. Letztere sind übrigens nur bedingt zu empfehlen, da es kaum eine Kontrolle über die Richtigkeit dieser Veröffentlichungen gibt. Allein von Creeds "One last breath" gibt es dutzende Versionen, die alle völlig unterschiedlich sind.

Am Ende ist es ratsam, sich auf sein eigenes Gehör zu verlassen. Wer das Spielen weg von Noten und Tabs in Richtung der eigenen akustischen Aufnahme- und Wiedergabefähigkeit erprobt und entwickelt, erlangt dadurch nicht nur ein enormes Gefühl für Melodien und Harmonien, sondern trainiert auch sein "musikalisches Erinnerungsvermögen". In vielen Musikschulen ist es daher auch Gang und Gebe, Rock-Melodien nach Gehör zu spielen, während im Hintergrund ein Playback läuft, bei dem die entsprechende Gitarrenspur ausgeblendet ist. Dadurch entwickelt man zusätzlich eine Gefühl für den Takt, welches man wiederum beim Zusammenspiel in einer Band benötigt. Und trotz aller literarischen Unterstützung sollte man eines nicht ausser Acht lassen: Austausch unter Musikern ist super wichtig, um nicht auf der Stelle zu treten. Und am Besten lernt man immer noch von anderen Menschen.

Also: Wenn die Motivation zum E-Gitarre spielen da ist, dann guckt Euch doch gleich nach einer solchen um - ihr liegt damit voll im Trend. Und je nach Lernfähigkeit und Lernerfolg seid ihr schon nach 1/2 bis 1 Jahr so weit, in einer Band zu spielen.

In einer Sache sind sich übrigens alle Gitarrenlehrer einig: "Es gibt nicht tolleres, als wenn Menschen sich treffen, um gemeinsam Musik zu machen. Und: Musik macht schlau, ausgeglichen und glücklich.

Unter www.rockprojekt.de gibt es jede Menge Infos zur E-Gitarre und anderen Bandinstrumenten. Auf www.planet-guitar.net erfährt man Wissenswertes zum Thema und unter www.rocksource.de gibts die ganze Geschchte der E-Gitarre zum nachlesen.

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Ein Bericht von Klangnetz Journalistin und E-Klampferin Sandy Roth www.8ung.at/red.sandy

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