.:o:. "Forty kinds of sadness" (Ryan Cabrera) .:o:.
Ambitionierte Soli, typischer Les Paul Sound, mehrstimmiger Backgroundgesang und tiefmelancholische Klangkompositionen machen den Reiz der neuen Knoxville-Scheibe „Emolution“ aus. Aber machen die Jungs von "Knoxville" wirklich Emo im eigentlichen Sinne? Sandy hat für www.klangmagazin.de reingehört und dabei manchmal ganz schön in die Schublade greifen müssen. ("So ´ne traurige CD hör ich mir nie wieder an, schnief!" ;-)
"Take away all my sadness." (Rod Steward)

Tiefgründig und emotional klingen Knoxville auf ihrer jüngsten CD „Emolution“, die elf brandneue englischsprachige Tracks enthält. Der Begriff „Emolution“ wird bereits auf dem Cover gekonnt umgesetzt, wo ein Spermazoid in mehreren Stufen zum E-Gitarren-Maskottchen mutiert. Die vierköpfige Band aus dem Raum Bitburg hat den Trend aufgegriffen, mit zwei oktav versetzen Leadgitarren, melancholischen Akkorden und hohen melodiösen Riffs so richtig loszurocken. Das Ganze klingt hier und da nach Jimmy Eat World, Creed und Hoobastank (SCHUBLADE!), ohne aber die für Knoxville typische leichte Punkrockattitüde zu verlieren. In Songs wie „Breathless“ oder „Miss You“ geht es um Liebe und Melancholie. Diese und zwei weitere Songs ihres Albums kann man sich auf der psychedelisch gestalteten Site www.knoxville-web.com anhören. Auf der Homepage der Band gibts auch einen Shop mit Knoxville Jacken, Shirts und sogar Unterwäsche, Schals und Taschen. Ganze 70 schöne Alltagsgegenstände warten auf die (zukünftigen) Fans.

1999 gegründet, sind Christian Wilhelmus (Guitar, Vocals), Manuel Kirsch (Drums) und Marcel Schillen (Bass) seit Anfang 2000 zusammen als Band unterwegs. Der neue Gitarrist Simon Schramer ist seit Anfang 2004 dabei. Gemanagt wird die Band von Marco Kirsch und bei der neuen Scheibe hat auch Tontechniker Michael Flick wieder kräftig mitgemischt.

Schon bei dem powervollen bis verträumten Gesang der Knoxvillers im Opener "Breathless" bleibt kein Zweifel offen, dass "Knoxville" sich dem Emo bis ins kleinste Detail verschrieben hat. Hier und da klingt man straight wie eine Chartsband, an anderen Stellen pfeift man auf den Mainstream, dem auch die Emowelle sich nicht entziehen konnte und geht eigene Wege.

"Run away" ist eine melancholische Emoballade, die von einem traurigen Gitarrenriff getragen wird. Der Song steigert sich überraschenderweise zu einer Rocknummer der Extraklasse. Noch verregneter wirds in "About you and me", wo Single Notes wie Tränen aus einer traurigen B-Moll-Akkord-Struktur purzeln und schließlich zu einem fast schon traditionellen rockrifflastigen Klangteppich verwoben werden.

Einer der Songs des Albums, die dem Genre Emorock wohl am stärksten gerecht werden, ist "Faked", eine hitverdächtige Nummer über Liebe und Enttäuschung. Hier spielen Knoxville beispielsweise mit der starken Spannung, die entsteht, wenn über einem D-Dur Akkord ein Wechsel zwischen den Tönen A und Gis gespielt wird. Hier wird deutlich, wie sehr im Bereich Emo exotische Einflüsse aus der Anfangsphase des Grunge und folkloristische Stömungen des Punk miteinander vermischt werden. Die Melancholie in diesen Songs wird damit nie zur völligen Ausweglosigkeit gesteigert, sondern immer noch durch wohlklingende A, E und D Dur Akkordfolgen entschärft. Das I-Tüpfelchen ist ein über einem Fis Moll Akkord eingesungenes grungiges (SCHUBLADE!) "faked!", das den Hörer durch seine depressive Dissonanz von der Grundstimmung des Songs wegholt, um gleich darauf wieder in die gewohnte harmonische Struktur zurückzufallen.

"With you" ist bester Punk und weist mehr Tempo auf, als die Rocksongs des Albums. Beeindruckende Gitarrenparts formen einen ansprechenden Kontrast zur musikalischen Grundaussage des Liedes. Überhaupt stellen die Gitarren in dem Song eine Stimme dar, die für sich selbst spricht. Ein Stück weit an den Barclay James Harvest Song "Hymn" (SCHUBLADE!) erinnert zunächst "I´ve lost the way", um dann richtig in die Vollen zu gehen. Ein an der Melodie angelehntes Gitarrensolo vervollständigt das Stück.

"Can´t stop tonight" startet mit einer verliebten und verträumten Gitarrenmelodie und zweistimmigen Gesangsparts. Sowohl textlich als auch musikalisch drückt der Song Sehnsucht aus. Auch hier erfolgt wieder der Sprung in rockige Sphären, bei denen eine der Gitarren den Part eines Keyboards übernimmt, während die andere die Akkorde in dem Rhythmus trägt, der von Bass und Drums vorgegeben wird.

Nach Jimmy Eat World und Creed (SCHUBLADE!) klingt "Thanks". Bittersüß werden Akkorde aneinandergereiht, die mal nach Trost und mal nach Hoffnung klingen, als ob sie den Gedanken des Sängers nachhängen würden. Zu Beginn des Song wird auch die Frage geklärt, ob Disneyworld zu Knoxville wohl die bessere Alternative darstellt. So lange es um Abschied und Melancholie geht, stellen Knoxville mit diesem Song die klaren Gewinner dar.

Kein Song der CD gleicht dem anderen, was im Jahre 21 nach Emo ein echtes Prädikat darstellt, wird doch in diesem Stil bisweilen fast mehr geklaut, übernommen und kopiert, als im gängigen Popbereich. "Good Times" ist der lyrisch tiefgängigste Song der CD. In ihm werden gute und schlechte Erinnerungen an die Eltern und die eigene Vergangenheit umgesetzt - mal vorwurfsvoll und mal augenzwinkernd - ganz nach dem Motto: "Don´t look back in anger!". Auch hier sind die Knoxvillers in Sachen Melodie und Rhytmusfindung wieder sehr kreativ vorgegangen. Aussagekräftige Textpassagen werden von durchdachten Songstrukturen unterstrichen.

Bei "Nothing´s Bad" haben sich Christian, Manuel, Marcel und Simon einige der besten Songideen fast bis zum Schluss aufgehoben. So würde Tracey Chapman im Emozeitalter klingen! (SCHUBLADE!) Die eigendynamische Sprache der Gitarren zeigt, dass Knoxville keine vorgefertigten Muster reproduzieren, sondern stilistisch auf einem guten und eigenständigen Weg sind.

"Miss you" ist nochmal 100 Prozent pure Emosensucht zwischen Fury´s "Radio Orchid" und Avril Lavigne´s "I´m with you" (SCHUBLADE! Wobei Fury in the Slaughterhouse ja schon bei "Time to Wonder" nach Emo geklungen haben.) Ein sauber gespieltes Gitarrensolo rundet den Song ab.

Wer jetzt denkt, dass "Knoxville" nur traurige Musik machen, der irrt sich. "So, dann mache ma jetz en richtiges Lied" erklingt es beim finalen Track der Scheibe. "Un wenn et Trömmelche geht ..." verrät, dass die vier auch der fünften Jahreszeit, dem Karneval, nicht abgeneigt sind.

Manuel, Marcel, Simon und Christian haben übrigens beim internationalen Newcomer-Wettbewerb "Peppel Rock" in Luxemburg im vergangenen Jahr Platz eins belegt und sich gegen sieben teilnehmende Bands durchgesetzt. Sie waren als einzige deutsche Band vertreten und wurden mit ihren Eigenkompositionen von der sechsköpfigen Jury einstimmig zum Sieger gewählt. Marcel gewann außerdem in der Kategorie "Bester Bassist". Beim "Halloween Band Award" 2004 in Lützkampen belegten Knoxville den dritten Platz hinter Spiny Norman und den Distillers. Auch beim "Fritz!Fetz!Contest!" und beim "Rockbuster" Vorentscheid ist man bereits dabei gewesen. Sogar ein Band-Interview auf RTL ist schon erschienen und bei "Rock am See 2004" standen Knoxville mit Fury in the Slaughterhouse, den Donots und den Sportfreunden Stiller auf der Bühne.

Infos gibts unter www.knoxville-web.com.

Text und Artwork by Sandy Roth fürs Klangmagazin.

Schon gelesen? Noch nicht? Dann wirds aber Zeit!!!