.:o:. Musical Review .:o:.
Chris, Sascha und Sandy von www.klangnetz.de waren dabei, als "Licht ins Dunkel" in der Halle 300 in Bitburg aufgeführt wurde. Das von Christian Müller geschriebene und produzierte Werk liefert neben packender Rockmusik der britischen Kultband Pink Floyd eine tiefgründige Geschichte aus unserem Alltag, die die Zuhörer zum Nachdenken anregen will. Nach der erfolgreichen Premiere im November 2003 vor 600 begeisterten Zuschauern in Trassem und einer Show in Saarburg war das Ensemble der Music and Light Production GmbH erstmals in Bitburg zu Gast. Am Sonntag, 12. September gibt es einen weiteren Auftritt in der Eisenbahnhalle Losheim und am Samstag, 30. Oktober fällt die Mauer in der Europahalle Trier. Weitere Infos unter www.licht-ins-dunkel.de.
„We don´t need no education.“

Die Szenerie passt zu den Kronleuchtern an der Decke der abgedunkelten Halle 300: Ein Radio Marke Wirtschaftswunderzeit erzählt auf der Bühne von Raketenangriffen auf den Irak. Ein älterer Mann betritt die Wohnzimmerszene, ist auf der Suche nach seinen Tabletten. Plötzlich werden die 200 anwesenden Zuschauer von einem ohrenbetäubenden Knall erschüttert. Auf der Bühne blitzt und funkelt es und für einen Moment denkt man, Bitburg sei Bagdad. Ein imposanter Auftakt der Band mit „In the Flesh“ folgt. Es beginnt eine tiefgründige Geschichte, die uns die Augen öffnen möchte für ein Thema, dass immer wieder Stoff für musikalische Umsetzungen bietet, sei es Pur´s „Wenn sie diesen Tango hört“ oder in Cat Stevens´ „Father and Son“.

"Licht ins Dunkel – Behind the Wall" erzählt die Geschichte von Hans und seiner Enkelin, Carmen. Es geht um unsichtbare Mauern in unserem Leben und darum, wie solche Mauern entstehen. Die Musik von Pink Floyd zieht sich wie ein roter Faden durch das Stück. Die Songs der von Roger Waters geschriebenen und 1979 erstmals aufgeführten epischen Rockoper “The Wall” – darunter auch der wohl bekannteste Pink Floyd Titel “Another Brick in the Wall” – werden zur akustischen Kulisse für eine eigenständige Geschichte, die den Generationenkonflikt zwischen einem alten Mann und seiner Enkelin auf einfühlsame Weise thematisiert.

Große Balladen á la „Wish you were here“ und starke Rocksongs im Stile von „Eclipse“ bilden die Grundlage des Musicals, das die autobiographische Schaffensphase der Band Pink Floyd in den 70ern dokumentiert. Aufwendige Licht-, und Pyrotechnik, Video - Projektionen und Soundeffekte bereichern das Drama durch einen Regenbogen aus verschiedenen Stimmungen. Das Stück kommt mit der Variation eines einzigen Bühnenbildes aus und lebt aus der Dynamik der Gedanken der Protagonisten und ihrer Gefühle.

Hans - von Peter Hein gespielt – grübelt in seinem altmodischen Wohnzimmer vor sich hin, als seine Enkelin Carmen alias Stefanie Frenz die Szene betritt. Es entwickelt sich der typische Dialog zwischen Jung und Alt: „Der Krieg war schlimm.“ – „Aber doch nicht auf dem Lande.“ – „Wann lerne ich denn mal Deinen neuen Freund kennen?“ – „Ach der, ich habe mittlerweile einen anderen.“ – „Du kommst so selten vorbei.“ ... Selbstbezogene Engstirnigkeit auf der einen und gleichgültige Ignoranz auf der anderen Seite tragen zum Bau einer hohen Mauer zwischen Großvater und Enkelin bei. Dazwischen immer wieder Szenen aus der Kindheit des alten Mannes, die von dem kleinen Forian Prinz in der Rolle des jungen Hans meisterhaft vorgetragen werden. Die packende Musik der britischen Kultband Pink Floyd scheint für die Story wie geschaffen zu sein. Die Liedzeile „We don´t need no education“ bringt die Geschichte der von Momenten der Bestrafung, Einschüchterung, Propaganda und Disziplinierung geprägten Schulzeit von Hans musikalisch auf den Punkt.

„Die Musik von Pink Floyd hat mich immer schon fasziniert.“ erzählt Initiator Christian Müller. „Bereits 1997 habe ich damit begonnen, Ideen zu ´The Wall´ zu entwickeln. Zwischendurch hab ich dann 2002 erst Mal ´Licht ins Dunkel - die Geschichte des kleinen Jonas´ produziert. Den letzten Kick off gab es aber, als ich mit Andreas Zimmer im Februar 2003 in Trassem in einer Kneipe saß, ein alter Mann auf uns zu kam und uns etwa zwei Stunden lang mit Infos über den Krieg zugetexet hat. Damals habe ich mit Andreas gewettet, dass ich ´The Wall´ in die Trassemer Kirche bringen werde. Die Wette hab ich im November letzen Jahres gewonnen.“

Eine wichtige Ebene des Stückes bilden die publikumsbezogenen Parts von Nadine Graf in der Rolle des zynischen Geistes der Mauer, einer Figur, die sich als Gesandte des Bösen darüber freut, dass die aneinander vorbeigesprochenen Worte der Protagonisten zu immer mehr Unverständnis führen. Die gewaltige, immer höher wachsende Mauer symbolisiert die Einsamkeit, die den alten Mann nach dem Tod seiner Frau immer stärker befällt und die durch die inkompatiblen Sichtweisen von Hans und Carmen immer stärker wird.

Vor der Premiere in Trassem hat das 30 Musiker und Schauspieler umfassende Team ein halbes Jahr geprobt. Parallel wurden Kulissen und Requisiten entworfen und gebaut. Die Vorbereitungen für die Hallentour 2004 dauerten nur rund drei Monate, da vieles bereits aus der Aufführung in der Kirche vorhanden war. In Zusammenarbeit mit Pink Noise aus Morbach hat man ein packendes Musikcalevent auf die Beine gestellt.

Sowohl der alte Mann - Hans - als auch seine Enkelin Carmen kommen sehr authentisch rüber, weil sie sich keiner übertriebenen schauspielerischen Gesten bedienen und ihre Rollen völlig aus dem Leben gegriffen sind. Der zynische Geist der Mauer, eine Rolle zwischen böser Hexe oder Zauberin, Rumpelstielzchen und personifiziertem freudschen Todestrieb, liefert sich ein ständiges Tauzeihen mit dem Lebenswillen des alten Mannes, der alleine durch die Liebe zu seiner Enkelin die Brücke zur Außenwelt noch aufrecht erhalten kann.

Die aufwendige Bühnentechnik ermöglicht beeindruckende Lichteffekte, die ihresgleichen suchen. Computergesteuert spielen Spotlights und Nebelmaschine mit den Melodien, verschmelzen zu einer gigantischen visuellen Show und versetzen den Zuschauer in eine andere, phantastische Welt. Ein geniales vierminütiges Solo-Duell zwischen den Gitarristen Bernd Jacob und Johannes Schier, das wie im Original Musical auf der Mauer ausgetragen wird, satter Pink Floyd typischer Hammondsound, eine Sängerin, die auch zur Violine greift und ein Wolfganz Prinz, dessen Stimme kaum näher an Roger Waters sein könnte, hinterlassen bei den Zuschauern bleibende Eindrücke.

Die Band klingt pur und die Variationen in den Vocalparts verleihen den Songs einen ganz eigenen Charakter. Songs wie „Mother“ und „Goodbye blue Sky“ unterstreichen die Episoden aus dem Leben des alten Mannes zwischen den beiden Weltkriegen. „Hey you“ und „Is there anybody out there?“ spiegeln seine Abgeschiedenheit und Einsamkeit hinter der Mauer wieder. Immer dabei: Die theatralisch schweren Gitarrenmotive eines David Gilmour und die spannungsgeladenen Sythesizerklänge von Richard Wright. Selbst die aktuelle Pink Floyd Scheibe „The Final Cut“ kann diesen Epos kaum toppen. In die Live-Präsentation eingearbeitet, klinken sich die Handlung untermalende Videoclips auf dem Hintergrund der riesigen Mauersteine immer wieder eindrucksvoll per Beamer ins Geschehen auf der Bühne ein - ausdrucksstärker und wirkungsvoller als es im Fernsehen oder im Kino vorstellbar ist.

Den Höhepunkt bildet eine Armee der Finsternis, die bedrohliche Fahnen mit einem Hammersymbol im Takt des Stückes „Run like hell“ schwingt, als die Mauer zwischen Hans und seiner Enkelin durch den letzten Funken Lebensmut zu brechen droht, weil der den Kampf gegen den Geist, die Mauer, die Distanz zu seiner Enkelin und nicht zuletzt gegen seinen drohenden Tod aufnimmt – ein kulturübergreifendes Motiv, das der Geschichte des Siddharta Gautama entstammen könnte, der allein durch die Kraft seiner Gedanken das Böse besiegt und als Buddha die Erleuchtung erlangt.

Als die Situation sich zuspitzt und der letzte Stein in der Mauer den alten Mann vom Rest der Welt isoliert, betritt Ralph Maas in der Rolle eines Rettungsarztes die Bühne. Er symbolisiert eine Gesellschaft, die erst dann eingreift, wenn es schon fast zu spät ist. Es beginnt ein Kampf um Leben und Tod, zwischen dem Geist der Mauer und dem alten Mann, zwischen Gut und Böse, Liebe und Hass, Licht und Dunkel. Songs wie „Stop“ und „Waiting for Words“ sorgen für Dramatik und greifen auch das melodische Motiv aus „Another Brick in the Wall“ erneut auf.

Die Geschichte von "Licht ins Dunkel" erzählt gleichzeitig, wie die Mauern in unserem Leben durch Sozialisation, Erfahrungen, Erlebnisse und Enttäuschungen erst entstehen. Sie beschreibt eine Welt die Michel Foucault einst sehr treffend als „Kerkersystem“ bezeichnet hat. Sie zeigt die Resignation auf, mit der viele ältere Leute sich in die Einsamkeit ihrer vier Wände vergraben, weil die Gesellschaft sie nicht wahrnehmen will und die junge Generation sie durch ihre Selbstbezogenheit ausblendet. „Licht ins Dunkel“ zeigt aber auch einen Weg aus der Isolation auf, indem die Macher auf mehr Verständis und Offenheit plädieren, dafür, dass wir wieder lernen, den Geschichten unserer Großväter zu lauschen.

Am Ende wird das Publikum selbst in die Handlung mit einbezogen und zum Nachdenken angeregt. „Lassen wir nicht zu, dass die Mauern in unserem Leben unsere Beziehungen zerstören“ – mit diesem Appell schließt das Stück. Die Mauer, um die es geht, ist jedem von uns bekannt. Unsichtbar schichtet sich Stein auf Stein in unseren Köpfen, weil wir, wie Carmen, den Blick für unsere Mitmenschen fast verlieren oder, wie Hans, in der Vergangenheit leben. Weil wir immer mehr verlernen, miteinander zu reden oder unsere Gefühle zu zeigen. Aber die Mauer existier nur in unseren Köpfen – und wir könne sie einreißen. Das wollen Produzent Christian Müller und sein Team uns mit auf den Weg geben. Als der letzte Ton verklingt, gibt es Standing Ovations von den Zuschauern, von denen einige Pink Floyd Tshirts tragen.

Mittlerweile hat sich das ganze Team - ob Darsteller oder Technik sowie die Band sowieso - zu Pink Floyd Fans entwickelt. Weitere Auftritte der "Behind the wall"-Tour sind für das nächste Jahr angedacht. Parallel dazu wird ganze Team weitere Projekte verwirklichen.

Auch unter den klangnetz Besuchern ist „The Wall“ das beliebteste Rockmusical aller Zeiten, wie das Ergebnis der letzten Monatsumfrage belegt. Näheres im Forum.

Termine:

12. September 2004
Losheim Eisenbahnhalle
30. Oktober 2004
Trier Europahalle
Beginn ist jeweils um 20 Uhr

Der Vorverkauf für den Auftritt in Saarburg läuft seit Ende Februar über die Tickethotline (0 65 81) 92 00 00 und über die Homepage des Musicals.

Karten gibts ausserdem in Saarburg bei der Bücherei Volk und im Sporthaus Paulus.

Mehr Infos unter
www.licht-ins-dunkel.de

Sandy Roth fürs Klangnetz.

.:o:. zurück zur Startseite

Schon gelesen? Noch nicht? Dann wirds aber Zeit!!!