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„Sella nebel menied ni lamnie big“ heisst rückwärts gesprochen „Gib einmal in Deinem Leben alles!“ und war DER Brüllergag in Sandys alter Clique. Ihr ehemaliger Musiklehrer brachte es mit „Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie!“ auf den Punkt. Es gibt Sätze, die klingen haargenau gleich, egal, wie rum man sie ausspricht. Du bist von hinten wie von vorne, A-N-N-A! Was hier und da als netter Zeitvertreib dienen kann, ist im Musikbereicht Gegenstand einer heftigen Debatte geworden. Es geht um "Backward Maskings" - geheime Botschaften, die man in einigen Songs versteckt hat und deren Sinn erst beim rückwärts hören erschlossen werden kann. Böse Zungen behaupteten sogar, das Unterbewußtsein sei fähig, diese Botschaften subliminal zu erfassen. Also sind wir, so meinen die Kritiker, der Manipulation durch satanistische Botschaften hilflos ausgesetzt. Was ist wirklich dran? Sandy ist dem Vorwurf der musikalischen Rückwärtsbotschaften einmal auf den Grund gegangen. Für videotechnische Zwecke verwendeten übrigens Coldplay die Methode in „The Scientist“. Der Sänger lernte den ganzen Text rückwärts auswendig und die Filmaufnahme wurde später in umgekehrter Richtung produziert, um im Video den Effekt der rückwärts laufenden Zeit zu suggerieren. Starke Leistung, finden wir! „Sella nebel menied ni lamnie big“. Die lustigsten Palindrome – das sind Sätze, die man vorwärts und rückwärts lesen kann, gibt’s hier.

Der Teufel kommt durch die Hintertür.

Backward maskings and secret messages.
Es gibt Leute, die nehmen den Heavy Metal ernst, sehr ernst sogar. Da sich diese Musik häufig einer Symbolik bedient, die im krassen Wiederspruch zur abendländisch christlichen Weltanschauung steht, ruft der Heavy Metal, insbesondere in der Form des Death Metal, immer wieder Kritiker und Gegner auf den Plan. Pentagramme und auf dem Kopf stehende Kreuze werden als Ausgeburt des Bösen verstanden und als antichristliche Zeichen verurteilt - verständlich. Dabei wird jedoch häufig der gesellschaftskritische Aspekt vernachlässigt. Ohne Gott kann es keinen Teufel geben - jedenfalls nicht im Heavy Metal Bereich. Und so bedient man sich liebend gerne Bibelstellen, in denen der Satan vorkommt, um das Chaos der Welt zu hinterfragen und den eigenen Ängsten durch personifizierte Angstgestalten zu begegnen, die allemal greifbarer sind, als die eigene ungewisse Zukunft oder die wankende Situation, in der das eigene Leben sich befindet. Der Satanskult funktioniert aber nur bei Menschen, die tief religiöse Wurzeln haben. Einen Atheisten lassen okkulte Zeichen eher kalt, da er nicht nur die gute, sondern auch die böse transzendentale Seite verleugnet.

Wenn eine Heavy Metal Band ins Kreuzfeuer der Kritiker gerät, dann hat sie es oft schwer, aus den meist unbegründeten Anschuldigungen wieder herauszukommen, ohne dass irgend etwas hängen bleibt. Ist der Ruf erst ruiniert, bängt es sich ganz ungeniert. Auch wenn ein diabolisches Symbol uns heute nicht mehr schockiert oder eine rückwärts abgespielte Liedzeile sich angeblich als Credo an das Böse entpuppt und trotzdem niemanden wirklich schädigt: Das Thema fasziniert genauso wie das Phänomen des Gläserrückens oder der Glaube an eine andere Dimension des Seins. Dabei sind es gerade die „Backward Maskings“ - also rückwärtige Satansbotschaften in Heavy Metal Songs, die das Interesse der Öffentlichkeit erregen.

Der „Reverse Masking Process“ wird von fundamentalistischen Metal-Gegnern als Satans Versuch interpretiert, anfällige jugendliche Seelen zu ködern und in die Verdammnis zu reißen. Aber mal ehrlich - wer macht sich schon die Arbeit, sich seine Scheiben rückwärts anzuhören. Im Film „Gate - Die Unterirdischen“ öffnete eine solche rückwärts abgespielte Metalsequenz das Tor zur Hölle. In der Realität öffnet sich höchstens die Phantasiegabe der Kritikerfront, wenn sie aus unverständlichen Wortfetzen satanistische Botschaften zu erkennen glauben. Ist unser Unterbewußtsein denn überhaupt in der Lage, rückwärts zu denken? Wohl eher nicht. Aber was ist wirklich dran an dem Vorwurf, dass einige Bands sich dieser Masche bedienen?

Der Erste, der diesen Vorwurf unters Volk brachte, war David A. Nobel, Partner des fundamentalistisch religiösen Billy James Hargis in seinem Buch „Communism, Hypnotism and the Beatles“. Er vertrat den Standpunkt, durch unterschwellige Botschaften in Rocksongs solle die kapitalistische Ordnung zerstört werden. Auch Bob Larson sprach von einer „Symbiose von Rock und Satanismus“ bis hin zur subliminalen Gehirnäsche in seinem Werk „Rock and Roll: The Devil´s Diversion“.

Dass unterschwellige Botschaften im visuellen oder akustischen Bereich funktionieren sollen, wird immer wieder behauptet. Beweisen konnte das allerdings bisher niemand. Auch nicht das oft zitierte Experiment mit der millisekunden langen Coca Cola Werbung in Kinofilmen. Und mal ehrlich: Wer von uns hat sich zu Schulzeiten einen Tag vor der nächsten Klassenarbeit auf sein Unterbewusstsein verlassen und im Schlaf per Cassettenrecorder Vokabeln gepaukt? Also funktioniert hat es jedenfalls nie. Trotzdem ist die Liste der Behauptungen ellenlang, die in Rocksongs Rückwärtsbotchaften gefunden zu haben scheinen:

Schon bei den ersten globalen Rockstars überhaupt, den Beatles, mit denen alles anfing, ging das Gerücht um, sie haben das mehrfach wiederholte „Number Nine“ zu Beginn ihres Songs „Revolution 9“ auf ihrem weißen Album mit Absicht so eigenartig artikuliert. Rückwärts sollte das Ganze dann „Turn me on, dead man.“ lauten. Das auf der gleichen Platte befindliche Stück „I´m so tired.“ soll den umgedrehten Nachsatz „Paul is a dead man. Miss him, miss him.“ enthalten. Wer sich wirklich die Mühe macht, sich die Scheibe einmal rückwärts anzuhören, der wird feststellen, dass das völlig aus der Luft gegriffene Anschuldigungen sind. Trotzdem hielt sich lange Zeit das Gerücht, Paul Mc Cartney sei 1966 bei einem Autounfall ums Leben gekommen und heimlich durch einen Doppelgänger ersetzt worden. Er veröffentlichte 1993 als Reaktion auf die Gerüchte das Album „Paul is Live“.

Auch der Dauerbrenner „Stairway to Heaven“ konnte sich dem Vorwurf der Backward-Masking-Detektive nicht entziehen. Led Zeppelin sollen in der fünften und sechsten Strophe angeblich folgende Botschaft versteckt haben: „Listen! I will sing because I live with Satan. Turn me up, Serve me ... und so weiter. Wer es sich nicht nehmen lassen kann, die 8minütige Ballade auf Kuschelrock 7 oder Led Zeppelins viertem Album einmal dahingehend rückwärts anzuhören, der wird die ernüchternde Entdeckung machen, dass er nur unverständliches Kauderwelsch hört.

Pink Floyd sollen auf ihrer Platte „Meddle“ innerhalb des Instrumentalstücks „One of these Days“ eine unverständlich gegrunzte Stelle eingebaut haben, die sich bei Wiedergabe in erhöhter Tourenzahl als „I am gonna dance with the devil´s sister“ entpuppen soll. Die Band revanchierte sich für diesen blödsinnigen Vorwurf, indem sie auf ihrem 1979 erschienenen Konzept-Doppel-Album „The Wall“ im Titel „Empty Spaces“ tatsächlich eine Reversionseinspielung unterbrachte: „Congratulations. You´ve just discovered the secret message. Please send your answer to old Pink, care of the funny farm.“

Black Old Arkansas unterstellte man, im Song „When Electricity Came to Arkansas“ unverständliche Worte eingestreut zu haben, die sich rückwärts zu „Satan, he ist God“ ergänzen sollten. Auch „Shoo Be Doo“ von The Cars soll das rückwärts ausgesprochene Wort „Satan“ enthalten. Die eher unsatanistische Rückwärtsbotschaft „What are you looking the devil for, when you are looking for the lord?“ soll das Stück „Judas Kiss“ von der Band Petra enthalten.

Die Eagles haben mit „Hotel California“ einen Song geschrieben der ohnehin von der kalifornischen Satanskirche handelt. „Up ahead in the distance, I saw a shimmerling light“, die dritte Zeile, soll rückwärts „Yes, Satan, he organized, he organized his own religion“ lauten. Dieser Vorwurf ist in diesem Zusammenhang weder neu, noch gefährlich - und bei genauem Hinhören völliger Unsinn.

Gleich drei rückwärtige Deutungsversuche hat man sich bei Queen´s Refrain in „Anotherone bites the dust“ einfallen lassen: „I start to smoke marihuana.“, „Decide to smoke marihuana.“ und „It´s fun to smoke marihuana“. Außer einem undefinierbaren „nau adane“ kann man bei einem umgekehrten „Anotherone“ allerdings nichts raushören, was annähernd mit „Marihuana“ gleichzusetzen wäre. Man muss wahrscheinlich schon einige Gramm desselbigen intus haben, um auf diese Idee zu kommen. „It´s getting better“ - eine Textzeile aus „A child is coming“ von Jefferson Airplane - soll in umgekehrter Richtung „Son of Satan“ heißen. Klar, un de Mutta Gottes is en Raubvogel !!!

Besonders schlimm treiben es die Black-Metal-Musiker von Venom. Im Song „At war with Satan“ wird in Reversion die Parole „I will return!“ ausgegeben. Sehr satanistisch! Das Intro von „In League with Satan“ ist - übrigens absichtlich - rückwärts als „Praise to hell! I´m gonna burn your soul, crush your bones, make you bleed. You´re gonna bleed for me!“ hineinmontiert worden. In „Santachrist“ verwendet die Band den Backward-Text „Ich werde dich ins Reich der Ewigkeit bringen. Ich bin das wahre Tier.“ Auch Prince baute in sein Album „Purple Rain“ am Ende der ersten Seite eine unverhüllt erkennbare Rückwärtspassage ein, die er auch während seiner Konzerte zur Zeitüberbrückung vorwärts abspielen ließ: „Hello. How are you? I´m fine ´cos I know that the Lord is coming soon. Coming, coming soon.“ Witzigerweise glaubten einige religiöse Fanatiker, dass mit „Lord“ (=“Herr“) nur der Teufel gemeint sein könne. Der Gipfel ist aber, dass die Liedzeile eigentlich als sexuelle Provokation gedacht war. „Kommen“ kann im englischen eben das Gleiche wie im Deutschen bedeuten.

Auch Madonna, Kate Bush und Kiss, sollen geheime Rückwärtsbotschaften verwendet haben. Leider konnte das bisher niemand wirklich beweisen. Sich er ist, dass die ganze Kontroverse eine Menge Bands dazu veranlasst hat, ihre eigenen Scherze mit der Methode zu treiben, um in der Presse publik zu sein oder mit einem Augenzwinkern zu provozieren. Jeff Lynnes Electric Light Orchestra gestattete sich 1957, auf der Platte „Face the music“, einen satirischen Seitenhieb auf die fundamentalistische Kritikerszene loszulassen. Der Hinweis ist sogar auf dem Plattencover zu finden. Im Stück „Fire on High“ botschaftet man dann nach Herzenslust rückwärts. Im Album „Secret Messages“ heißt es im Anschluß an den Song „Rock´n´Roll ist King“ „Welcome to the show!“ Im Titelsong von „Eldorado“ soll angeblich gleich ein Riesenroman versteckt sein, an dem sich die Heavy Metal Gegener aufhängen konnten.

Auch Iron Maiden machten sich ein Vergnügen daraus, reversible Stellungnahmen abzugeben. Schon das Album „The Number of Beasts“ war mit Satanismusvorwürfen konfrontiert worden. Der Nachfolger „Peace of Mind“ enthält im Lied „Still Life #1“ eine vorangestellte Rückwärtsbotschaft, die der Drummer eingesprochen hat: „Hmm, hmmm. What has said the thing with the three heads? Don´t meddle with things you don´t understand.“ Die Zeile endet mit einem Rülpser. Ganz selbstironisch verhielt sich die Band „Plasmatics“ in Bezug auf ihre Backward Maskings: „Concessed programming is dangerous to your health. The brainwashed do not know they are brainwashed.“ heisst es auf „Coup d´état.“

Auch die Böhsen Onkelz griffen zum Mittel der reversiblen Texte. Im Album E.I.N.S. enthält der Song „Eine Botschaft für Paranoide“ den Inhalt „Herzlichen Glückwunsch, es muss ´ne Menge Arbeit gewesen sein, dieses Lied rückwärts zu spielen. Entweder Du bist eines dieser paranoiden Arschlöcher, für die wir dieses Lied gemacht haben, oder Du bist einfach nur neugierig. Erstens sei gesagt, wer rückwärts gesprochene satanistische oder faschistische Botschaften auf unserer Platte sucht, muss ausgesprochen dämlich sein und ausserdem unter Verfolgungswahn leiden. Armes Schwein, Du tust uns echt Leid. Sperr Dich ein und schmeiss die Schlüssel weg.“

Sandy fürs Klangmagazin.

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