Es ist Mittwoch, der 5. November in good old Trier. Im Irish Pub „O`Dwyers“, wo normalerweise eher warme, feuchtfröhliche Atmosphäre herrscht und bestenfalls ein paar Karaokesänger ihre meist eher mittelmäßigen Fähigkeiten präsentieren, weht heute ein kalter Herbstwind.

Die Bands AUTUMNBLAZE und ANTIMATTER treffen letzte Vorbereitungen, um ihre kultiviert melancholischen Klänge zum Besten zu geben. Der Eintrittspreis ist unschlagbar klein; 0 (in Worten „null“!!!) Euro kostet das Konzert des Abends. Das gesparte Eintrittsgeld wird sofort in „Killkenny“ oder „Guinness“ umgesetzt. Wenn die Leistung nur annähernd so gut ist wie der Preis, so die Hoffnung der anwesenden Musikfans, kann nichts mehr schief gehen. Die Besucherschaft spaltet sich in zwei Parteien auf. Die Einen sind aus geselligen und kommunikativen Gründen (as usual) da, die Anderen (mehr als die Hälfte) ganz klar aus Musikalischen.

Als AUTUMNBLAZE zu spielen beginnen, drängt sich ein großer Menschenpulk Richtung Bühne. Die Band um Sänger Markus Baltes lassen sich nicht von den freudig weiter tratschenden, musikalisch weniger interessierten Menschen beirren und begeistern den Rest des Publikums mit gutem Sound, genialem Gesang und erschaffen dadurch nachdenklich-melancholische Klangwelten. Es herrscht eine heimelige Wohnzimmeratmosphäre. Die Band auf Augenhöhe mit den Leuten, zum Anfassen nahe. Sie geben eine gekonnte Mischung an Songs aus den Alben „Bleak“, “Lighthouses“ „Mute Boy Sad Girl“ und ihrem kurz vor dem Release stehenden neuen Silberling „The Mute Sessions“ wieder, was so harmonisch verläuft, dass ein homogenes, eingängiges Live-Gesamtbild entsteht. Nach einstündiger Spielzeit werden wir mit dem letzten Lied „Nature Of Music“ (Anspieltipp!!!!) wieder in die Realität entlassen.

ANTIMATTER, die zweite Band des Abends, schließen nahtlos an und stehen AUTUMNBLAZE in nichts nach. Duncan Patterson (Ex-Anathema) und Mick Moss bieten Auszüge aus den beiden Alben „Savior“ und „Lights Out“ in minimalistisch, akustischer Manier da. Man verzichtet auf cineastisch-elektronische Klangeffekte der Plattenversionen, sondern fokussiert sich mit Leidenschaft auf das Gitarrenspiel und Mick Moss legt emotional alles in die Vocals, was z.B. mit dem Song „Over Your Shoulder“, trotz (leider) fehlender Gastsängerin Michelle Ritchfield zu Gänsehaut, wenn nicht sogar Tränenfluss führt. Als Gastsänger springt zeitweise Markus Baltes ein, der seine Aufgabe zufriedenstellend meistert.Auch Anathema-Anhänger kommen nicht zu kurz, denn während der Session überkommen Gitarrist Duncan Patterson nostalgische Gedanken, die er in einigen alten Songs kompensiert. Insgesamt ein wunderschöner Querschnitt durch beide Alben, als akustische Live-Performance so gut, wie es MTV Unplugged nicht besser hätte hinbekommen können. Nach über einer Stunde (also insgesamt über zwei Stunden live Musik für null Euro!!!!) fällt auch für diese Band der Vorhang. Man sieht einige Leute sich den Rücken haltend oder von einem Fuß vor den anderen tretend, kein Wunder bei so langer Stehzeit. Aber jeder hat ein zufriedenes Lächeln im Gesicht und fühlt sich versucht auf die Musiker zuzugehen, ihnen auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: „Vielen Dank für diesen schönen Abend.“ Was dann einige Besucher bei einem letzten Bierchen auch spontan machen, da sich die Künstler mittlerweile unter das Volk gemischt haben. Auf dem Weg nach draußen schaut mann/frau noch am kleinen, aber feinen Merchandising Stand in der hintersten Ecke des Pubs vorbei. Dort kann mann/frau seine/ihre CD-, T-Shirt-, oder Longsleevesammlung zu humanen Preisen vervollständigen. Vielleicht fließen die am Eingang gesparten sechs bis zehn Euro auf diesem Weg zu den Bands, verdient haben sie es sich definitiv …

Alexander Netzel & Markus Büssecker fürs Klangnetz

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