Universität Trier                                                                                                      8. Mai 2002

Fachbereich II / Medienwissenschaft - Sommersemester 2002

Proseminar: Grundkurs Visuelle Medien - Dozentin: Priv. Doz. Dr. Annette Deeken

Referenten: Lionel Krelinger, Phillip Löber, Sandra Roth

 

Vilém Flusser,

 

n     Schriftsteller, Kommunikationsphilosoph und Medienkritiker, 1920 in Prag geboren,

n     lehrte 1940-1972 Kommunikations- und Wissenschaftsphilosophie in Brasilien,

n     1972 Südfrankreich, setzte sich immer stärker mit den neuen Medien auseinander,

n     weltweite Publikationen, Symposien und Kongresse,

n     mit zahlreichen europäischen Medientheoretikern und -künstlern befreundet,

n     1991 bei Autounfall tödlich verunglückt,

n     hat mit seinen provokanten, visionären Gedanken und Ideen wichtige Impulse zur Medienentwicklung gegeben, die angesichts der aktuellen medientechnologischen Entwicklung von grosser Bedeutung sind,

 

„Für eine Philosophie der Fotografie“, sein erstes deutschsprachiges Buch, erschien 1983.

Lionel Krelinger, IV. Die Geste des Fotografierens + „Camera Obscura“

Phillip Löber, V. Die Fotografie + „Panorama“

Sandra Roth, VI. Das fotografische Universum + Einleitung zu Vilém Flusser

...

...

VI. Das fotografische Universum

 

n     Gewohnheit an die Schnelllebigkeit, Fotos in unserer Umgebung sind redundant,

n     Scheckigkeit und Farbigkeit (Chamäleoncharakter) des Fotouniversums nicht mehr überraschend,

n     alles schreit in allen Farbtönen auf taube Ohren - Abstumpfung gegen visuelle Umweltverschmutzung,

n     Farben: Mittelalter und ausserwestliche Kulturen magische Symbole,

n     Farben bei uns: Symbole theoretischer Mythen, Programmeelemente (rot = „Stop!“ im Strassenverkehr),

n     sublimale programmatische Wirkung auf das Unterbewusstsein - rituelles automatisches Verhalten,

n     Struktur des Fotouniversums körnig, wechselt ständig Aussehen & Farbe seiner kalkulierbaren Steinchen (Mosaik, Puzzle), alle Apparatfunktionen der Fotografie beruhen auf Punktstrukturen,

n     Apparate simulieren cartesisches Denken (Descartes): Jeder Begriff bedeutet einen Punkt in der realen Welt; Denken nicht allmächtig, da selektiv und nicht komplex genug, die ganze Welt symbolisch zu lenken,

n     Apparate wissen & können alles in Umwelt, die von vorneherein feststeht, umgekehrte Bedeutungsvektoren, alle Appartprogramm-Möglichkeiten verwirklichen sich zufällig automatisch, ein redundantes Photo verdrängt ein anderes programmässig,

n     nicht-redundante, informative Fotos sind im Programm nicht vorgesehen, bedeuten Durchbrüche durch das Photouniversum durch gegen das Programm spielende Photografen, Herausforderung,

n     jedes Foto als Bildfläche ein Modell für das Verhalten seines Betrachters,

n     Photouniversum als Mittel, die Gesellschaft zugunsten eines Kombinationsspiels in Spielsteine zu programmieren, erfordert kritische Betrachtung der nachindustriellen Gesellschaft

n     seit Erfindung der Fotografie: programmierte kombinierende Stakkatostruktur (früher lineare Struktur)

n     Zerlegung von Erlebnissen, Erkenntnissen und Werten in „bits“, Robotisierung der Gesten (Bankautomat, Sport, ...) und des Denkens (Wissenschaft, Musik, ...)

n     Aufgabe der Kulturkritik: Robotisierung aus Kulturphänomenen herausanalysieren

n     Apparate funktionieren autonom, werden komplexer und undurchschaubarer, Mensch wird ausgeschaltet,

n     Menschliche Entscheidung überflüssig, verkommt zur funktionellen Entscheidung mit dem Zweck der Selbsterhaltung und Verbesserung der Apparate (antrophomorphe Titanan)

n     Humanistische Apparatkritik: Warnung davor, Funktionäre noch grösserer Apparate zu werden (Werbung, Industrie, ...), die die Programme bestimmen, was man an den Fotos sehen kann,

n     Apparatsystem wird von anderen Systemen gestützt, funktionierende Redundanz wirtschaftlicher als Kunst     

n     Mensch war ursprünglich durch Apparate von Arbeit emanzipiert und konnte spielen

n     Apparate gelangten in die Gewalt einzelner und dienten deren Interessen (Kapitalisten)

n     Flusser: Gefahr = absichtsloses stures Funktionieren, autonome Unmenschlichkeit

n     es gibt Leute, die gegen diese Programmierung ankämpfen:

n     Fotografen, die informative Bilder ausserhalb des Apparatprogrammes herstellen,

n     Kritiker, die die Programmierung durchschauen,

n     alle, die der menschlichen Absicht in einer Apparat-beherrschten Welt Raum verschaffen,

n     Apparate übernehmen zunehmend auch diese Befreiungsversuche

n     Aufgabe einer Philosophie der Photografie: Mensch-Maschine-Kampf blosslegen & Lösung finden,

n     Ideen unabhängig von Programmen der benutzten Apparate entwickeln,

 

 

Quellen:

 

n     Flusser, Vilém: Für eine Philosophie der Fotografie, in: Amelunxen, Hubertus von (Hrsg.): Theorie der Fotografie. Bd. 1980-1995; S. 49-64

n     http://www.goethe.de/ms/bud/symp/de sy1.htm#symp

n     http://www.txt.de/bollmann/flusser/schrift.htm

n     http://www.claudia-klinger.de/flusser/seite2.htm

n     Reeves, Byron, and Clifford Nass, The Media Equation, Cambridge University Press, 1996